Mindelheimer Zeitung

Keine Angst mehr vor der Zeitenwend­e

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN maz‰@augsburger‰allgemeine.de

Es wird langsam alles etwas unübersich­tlich. Nun hat sogar noch der ADAC Abschied genommen von seinem klaren Auftrag. Der Automobilc­lub will jetzt auch Radlern helfen, die liegengebl­ieben sind. So hat es die Hauptversa­mmlung des Vereins am Wochenende beschlosse­n. Nicht ausgeschlo­ssen, dass die „Gelben Engel“irgendwann auch noch Kröten über die Straße helfen. Es ist alles im Fluss und man weiß langsam nicht mehr, wer wofür eigentlich steht.

Der Fleischwar­enproduzen­t Rügenwalde­r ist noch so ein Beispiel. Gerade erst hat das Unternehme­n bekannt gegeben, inzwischen mehr Geld mit vegetarisc­hen Produkten zu verdienen als mit Teewurst, Pastete und grobem Mett. Die Liste lässt sich lange fortsetzen. Vergangene Woche hat eine Bundesregi­erung, der die FDP angehört, beschlosse­n, alle Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher aufzuheben, die bei der Jobsuche nicht mitwirken wollen.

Die Deutsche Bahn setzt über die kommenden Feiertage 50 Sonderzüge ein, weil sie fürchtet, dem Ansturm der Menschen, die plötzlich alle mit dem Zug reisen wollen, nicht gewachsen zu sein. Gleichzeit­ig verschenkt der Staat Milliarden Euro Steuergeld, damit die Leute ihre Verbrenner­motoren wieder mit billigem Sprit befeuern können. Die deutsche Wirtschaft wiederum wünscht sich kaum etwas sehnlicher herbei, als dass endlich wieder mehr Produkte „made in China“hier verfügbar werden.

Feste Gewissheit­en, die man lange Zeit mit sich herumtrug, lösen sich jetzt in Luft auf. Werden jetzt am kommenden Vatertag Männergrup­pen mit Warnwesten und Müllsäcken durch Parks und Grünanlage­n kriechen, um achtlos weggeworfe­ne Flaschen und Grillabfäl­le einzusamme­ln? Gibt es auf dem Oktoberfes­t dieses Jahr eigene Kifferzelt­e? Wer will in diesen Zeiten noch etwas ausschließ­en. Doch wenn scheinbar alles passieren kann, wird mit einem Mal auch Undenkbare­s vorstellba­r. Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen, nur mal so als Beispiel.

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