Diverse Baustellen sorgen für ein Minus
Finanzen
13 Jahre lang war Kirchheim schuldenfrei – das wird in diesem Jahr vorbei sein. Wofür die Gemeinde Geld ausgibt und warum in den nächsten Jahren noch mehr aufs Budget geachtet werden muss.
Kirchheim Lange war Kirchheim dafür bekannt, schuldenfrei zu sein. Nach 13 Jahren ist nun Schluss damit: Der Markt wird sich Geld leihen müssen, um anstehende Projekte wie den Umbau des Gasthofs zum Adler in ein Bürger- und Kulturzentrum schultern zu können. Der Kassenbestand von rund 2,5 Millionen Euro wird bis zum Jahresende aufgebraucht sein, erklärte Kämmerer Dominik Leder in der Marktratssitzung. Eine Kreditaufnahme von 2,54 Millionen Euro hat er für 2022 eingeplant, im Folgejahr rechnet er auf dem Papier mit weiteren 9,77 Millionen – verweist allerdings schon jetzt darauf, dass in den kommenden Jahren genauestens darauf geschaut werden müsse, wofür man in Kirchheim Geld ausgibt. Denn: „Zehn Millionen Euro Schulden wird sich die Marktgemeinde nicht leisten können.“
Doch viele Dinge kann sich der Markt auch nicht aussuchen. Manches, etwa eine neue Phosphatfällung an der Kläranlage für 190.000 Euro muss er beschaffen, ebenso wie jedes Jahr die dafür nötigen Fällmittel. Hinzu kommt, dass die gesamte wirtschaftliche Lage, die über Gewerbeund Einkommensteuer vor allem die Einnahmenseite der Gemeinde beeinflusst, noch nicht abzusehen ist. Die Pro-Kopf-Verschuldung für Kirchheims rund 2730 Einwohner wird in diesem Jahr auf knapp 900 Euro steigen und wird dem Finanzplan zufolge 2023 die 4000-Euro-Marke reißen.
Mit insgesamt 12,24 Millionen Euro fällt das geplante Haushaltsvolumen in diesem Jahr etwas geringer
aus als 2021. Rund 5,45 Millionen Euro umfasst der Verwaltungshaushalt, in dem die laufenden Posten aufgeschlüsselt sind; rund 6,78 Millionen Euro entfallen auf den Vermögenshaushalt, in dem vor allem die Investitionen enthalten sind.
335.000 Euro nimmt Kirchheim laut Leders Plan über die Grundsteuer ein, hinzu kommen 1,2 Millionen Euro Gewerbesteuer, fast 300.000 Euro weniger als im Vorjahr. Die Schlüsselzuweisungen steigen um knapp 100.000 Euro auf 352.000 Euro. Über die Einkommensteuer und den Einkommensteuerersatz erhält Kirchheim rund 1,78 Millionen Euro, etwas mehr als im Vorjahr. Insgesamt steigt die
Steuerkraft pro Einwohner leicht um 0,15 Prozent.
Größte Ausgaben im laufenden Geschäft sind die Umlagen, etwa an den Landkreis (1,43 Millionen Euro), die Verwaltungsgemeinschaft (518.000 Euro) sowie den Schulverband (366.000 Euro), die alle gestiegen sind. Hinzu kommen 600.000 Euro Personalkosten, 150.000 Euro Gewerbesteuerumlage sowie 1,71 Millionen Euro für Verwaltungs- und Betriebsaufwand – darunter fällt beispielsweise der Unterhalt von Straßen und Gebäuden.
1,9 Millionen Euro wird der Markt in diesem Jahr voraussichtlich für den Kindergartenanbau in
Kirchheim bezahlen. Insgesamt sind dafür laut Leder Kosten in Höhe von 4,84 Millionen Euro veranschlagt, von denen die Gemeinde für 3,5 Millionen aufkommen muss. 222.000 Euro investiert Kirchheim über den Schulverband an der Grund- und Mittelschule. 25.000 Euro will der Markt in die Sanierung der Kapelle in Spöck stecken. Für den Bau des Spielplatzes sind 80.000 Euro veranschlagt. Für eine Werbetafel, Breitband und öffentliches W-Lan hat Kirchheim insgesamt 50.000 Euro eingeplant.
In die Ausstattung der Feuerwehren fließen in diesem Jahr rund 500.000 Euro. Für Grunderwerb sind 100.000 Euro eingeplant und auch in Straßen muss Kirchheim investieren, etwa für Restarbeiten in Hasberg (125.000 Euro), im Gewerbegebiet (100.000 Euro) oder im geplanten Baugebiet „Renazé-Ring“(100.000 Euro). Bei den beiden letztgenannten geht es dann voraussichtlich im kommenden Jahr richtig los.
Die größte Investition in der Marktgemeinde ist und bleibt aber die Sanierung des Gasthofs Adler mit Gesamtkosten von 6,76 Millionen Euro. Allerdings gibt es hierfür auch Zuschüsse in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro.
„Das sind Zahlen, da schlackert man mit den Ohren“, kommentierte Bürgermeisterin Susanne Fischer den Haushalt, aber: „Es wird auch viel passieren – und nur wenn man nichts macht, gibt man auch nichts aus.“
Ihre Stellvertreterin Christine Vogginger fand etwas mehr Worte für das Zahlenwerk. „Ich glaube nicht, dass der Markt Kirchheim jemals so einen Haushalt mit so vielen langfristigen Investitionen aufgestellt hat“, sagte sie und nannte das ein „absolutes Novum“. Es gebe vieles, das getan werden müsse, etwa die Kindergartenerweiterung oder die neue Phosphatfällung in der Kläranlage, und die Baukostensteigerung mache allen zu schaffen. Da bleibe für die Gestaltung in der Gemeinde nicht viel Spielraum. Allerdings, so hob Vogginger auch hervor, bekomme man viel Förderung für den Adler und das Sanierungsgebiet. „Wir müssen die Schulden machen, aber sie zahlen auf unsere Zukunft ein.“Denn leider sei im Gasthof zum Adler kein Schatz gefunden worden.