Mehr Unterallgäuer produzieren weniger Müll
Entsorgung Im Landkreis gedeihen Pflanzen und Unternehmen offenbar gleichermaßen gut. Das und auch die eine oder andere Kuriosität zeigt die Abfallbilanz des Landkreises.
Unterallgäu Was so ein Blick in die Abfallwirtschaftsbilanz nicht alles offenbaren kann: Sie zeigt nämlich nicht nur, wie viel Müll jeder Unterallgäuer im vergangenen Jahr rein rechnerisch verursacht hat und ob es mehr oder weniger war als im Jahr zuvor. Nein, sie zeigt auch, wie sich der Landkreis wirtschaftlich entwickelt, wie üppig es in den Gärten grünte und blühte – und lässt sogar Raum für humorvolle Spekulationen. Anlass dazu gab die deutliche Steigerung beim gesammelten Altglas: Laut Edgar Putz, dem Leiter der Kommunalen Abfallwirtschaft, der die Bilanz im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz vorstellte, wurden im vergangenen Jahr 706 Tonnen mehr Altglas gesammelt als 2020, nämlich fast 4200 Tonnen. Landrat Alex Eder mutmaßte daraufhin grinsend, dass es sich dabei möglicherweise nicht nur um die beispielhaft genannten Gurkengläser gehandelt haben könnte, sondern auch etliche während des Lockdowns geleerte Weinflaschen. Nimmt man dann noch den sprunghaften Anstieg beim gesammelten Wachs hinzu – hier verzeichnet die Bilanz einen Anstieg von zuletzt Null auf drei Tonnen – könnte sich folgendes Bild ergeben: Die Unterallgäuerinnen und Unterallgäuer haben sich im vergangenen Jahr bei üppigem Kerzenschein die Entbehrungen der Corona-Zeit schöngetrunken oder in erheblichem Maße romantischen Candle-Light-Dinners gefrönt.
Ganz so war es dann aber wohl doch nicht. Wie Edgar Putz auf Nachfrage von Kreisrat Hermann Glas erläuterte, konnte der Wachscontainer wegen eines Brands beim Verwerter längere Zeit nicht geleert werden. Das gesammelte Wachs stammt also aus mindestens zwei Jahren – was Freunde der Statistik nicht davon abhalten sollte, die Geburtenzahlen im Landkreis im Auge zu behalten.
Dessen Einwohnerzahl ist bereits im Vorjahr um rund 1155 Bürgerinnen und Bürger gestiegen. Zur Freude von Edgar Putz ist trotzdem weniger Hausmüll angefallen als 2020. Mit rund 19.800 Tonnen waren es 26 Tonnen weniger als im Vorjahr und umgerechnet pro Kopf genau 134,93 Kilogramm statt zuvor 136,17 Kilo. Rein rechnerisch haben die Unterallgäuerinnen und Unterallgäuer aber weit mehr Müll angehäuft: Insgesamt waren es mehr als 578 Kilo pro Person und damit 3,29 Prozent mehr als 2020.
Diese Steigerung liegt nicht zuletzt daran, dass die Pflanzen im Landkreis 2021 offenbar besonders gut gediehen. Jedenfalls wurden an den Wertstoffhöfen und Kompostierungsanlagen 2100 Tonnen mehr Grüngut abgegeben als 2020, nämlich mehr als 21.300 Tonnen. Und auch die florierende Wirtschaft hat Anteil am gestiegenen Müllaufkommen: Die Gewerbeabfälle nahmen um fast sieben Prozent zu und beliefen sich auf 3.500 Tonnen.
Zuwächse gab es außerdem bei den Bioabfällen und beim Altpapier. Bei Letzterem macht sich laut Putz in Form von Verpackungen und Kartonagen zunehmend der Versandhandel bemerkbar.
Die Leichtverpackungen, also Joghurtbecher, Safttüten, Dosen und alles andere, was in die Gelbe Tonne gehört, haben dagegen deutlich abgenommen: Die erfasste Menge sank um 294 Tonnen auf knapp 4100 Tonnen. Putz führt das nicht zuletzt auf das Ende der Lockdowns zurück, in denen mehr Menschen als sonst zuhause gekocht oder ihr Essen in Einwegverpackungen abgeholt und so zu einem deutlichen Anstieg des Verpackungsmülls beigetragen hatten.
Auch beim Schrott, dem Elektronikschrott und dem Sperrmüll waren die Zahlen 2021 rückläufig: Viele Bürgerinnen und Bürger hatten wohl schon den Lockdown im Vorjahr genutzt, um zu entrümpeln, vermutete Putz. Er sprach von einer „Entwicklung, die grundsätzlich erfreulich ist“. Immerhin war die Verwertungsquote mit 78,34 Prozent so hoch wie nie im Landkreis. Sie errechnet sich aus dem Anteil der erfassten Wertstoffe am gesamten Abfallaufkommen. Oder anders ausgedrückt: Obwohl insgesamt mehr Müll angefallen ist, musste etwas weniger davon verbrannt oder deponiert werden.
Trotz dieser positiven Bilanz blickt Putz mit gemischten Gefühlen in die Zukunft: Er rechnet – insbesondere infolge der geplanten CO2-Bepreisung ab dem kommenden Jahr – mit deutlichen Preissteigerungen für die Entsorgung. Für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet das, dass sie künftig voraussichtlich mehr für die Entsorgung ihres Mülls zahlen müssen.
Wo kommt das ganze alte Wachs her?