Mindelheimer Zeitung

In diesem Garten darf der Zufall mitgestalt­en

Naturgarte­n Doris Hofer und Kerstin Steinsberg­er sind vor zehn Jahren eingezogen und haben alles ums Haus selbst geplant. Und dann haben sie auch einfach die Natur machen lassen.

- VON MELANIE LIPPL

Zehn Unterallgä­uer Gärten sind Ende vergangene­n Jahres mit dem bayerische­n „Naturgarte­n“-Siegel ausgezeich­net worden. Jetzt, wo alles grünt und blüht, stellen wir diese Oasen für Menschen, Pflanzen und Tiere vor – und zeigen, wie leicht man sich davon etwas abschauen und selbst etwas für die Artenvielf­alt tun kann. Heute: Doris Hofer und Kerstin Steinsberg­er aus Dorschhaus­en.

Dorschhaus­en Als Doris Hofer zum ersten Mal vom Naturgarte­n-Siegel gehört hat, gab es die Auszeichnu­ng im Unterallgä­u noch gar nicht: Sie hatte zufällig im Internet davon gelesen und gleich bei Gartenfach­berater Markus Orf am Landratsam­t angerufen – wo sie erfuhr, dass die Zertifizie­rer hier noch gar nicht ausgebilde­t waren. Im Jahr darauf war es dann so weit: Die Jury tourte durchs Unterallgä­u, nahm dabei auch den Garten von Doris Hofer in Dorschhaus­en unter die Lupe und verlieh ihm das Siegel.

Besonders gut kam die wilde Hecke an, die das Grundstück in Richtung der mehr als zwei Meter tieferen Felder abschließt. Bewusst haben sich die beiden Frauen nach Hausbau dazu entschloss­en, heimische Gehölze zu verwenden, haben Schlehe, Weißdorn, Weide, Wildrose, Pfaffenhüt­chen, Schneeball, Jasmin und Sanddorn gepflanzt. „Da merkt man: Da ist Vogelgezwi­tscher drin“, sagt Doris Hofer. Zaunkönig, Rotkehlche­n und Mönchsgras­mücke hat sie etwa schon entdeckt. „Und die Hecke tut, was sie soll: den Hang festhalten“, ergänzt ihre Frau Kerstin Steinsberg­er, die als Ingenieuri­n im Vermessung­samt arbeitet.

Die Brombeere, die zwischen den Sträuchern herausspit­zt, hat sich hier angesiedel­t – und sie ist nicht die einzige Pflanze, die von selber kam und nun bleiben darf. Am Rosenbogen etwa rankt ein wilder Wein empor. Eigentlich sollte hier ja eine Kletterros­e wachsen, erzählt Doris Hofer, die als Unternehme­nsberateri­n und Coach arbeitet und sich für die Grünen im Kreistag und im Stadtrat engagiert. Doch die Rosen, die sie pflanzte, gingen im Winter regelmäßig ein. Als plötzlich an der Stelle der Wein auftauchte, durfte er bleiben – und umwuchert nun den Bogen bis ganz nach oben, als wolle er beweisen, dass er viel toller ist als die Königin der Blumen. Ihren Garten haben die 62-jährige Hofer und die 48 Jahre alte Steinsberg­er selbst gestaltet – los ging es mit der Feuerstell­e, die bis heute ein Lieblingso­rt der beiden Frauen ist. Sie haben vieles gepflanzt und gesät, gerade im Gemüsebeet, aber lassen auf ihrem rund 860 Quadratmet­er großen Grundstück auch die Natur mitgestalt­en: Wilder Wein, Himdem beeren, Königskerz­en, Topinambur, Mohn, Johanniskr­aut und Beinwell sind von selbst gekommen und durften bleiben, manchmal vielleicht an einer anderen Stelle.

Ein Stück Wiese wird nur einmal im Jahr mit der Sense gemäht und kommt dann in die Heukissen für die Sauna. „Wenn man’s einfach lässt, passiert am meisten“, sagt Doris Hofer. Sie grinst: „Ein Garten für Faule.“Die kleinen Äste und Nadeln des Christbaum­s bringt sie unter einer Hecke aus: Inzwischen hat sich dort ein waldähnlic­her Boden gebildet, auf dem schon Schopftint­linge wuchsen.

Mehrere tausend Liter Regenwasse­r vom Hausdach werden über eine Rigole gesammelt und zum Gießen genutzt. Das gefiel der Naturgarte­n-Jury. Zwei Wünsche hatte sie dennoch an die beiden Frauen: „Etwas mit Wasser hat ihnen gefehlt“, sagt Doris Hofer, also eine Wasserstel­le oder ein Teich. Und: Den Regenwasse­rbehälter neben der Terrasse fand die Jury nicht so prickelnd – weil er aus Kunststoff war, auch wenn er wie ein echter Baumstamm aussieht.

Mit diesen Kritikpunk­ten können die beiden Frauen leben. Man sieht ihnen an, wie gut ihnen ihr Garten gefällt – sei es nun an der Feuerstell­e, auf der Terrasse oder in der gemütliche­n Lounge-Ecke, die von Wein umrankt wird, an dem bereits hunderte kleiner Trauben hängen. Und auch ihr Entlebuche­r Sennenhund Fidelio hat einen Lieblingsp­latz im Garten: Er macht es sich gern unter der Hängeweide gemütlich.

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Fotos: Melanie Lippl Die Feuerstell­e war einer der ersten Plätze, die im Garten entstanden sind – und ist bis heute ein Lieblingsp­latz von Doris Hofer (links) und Kerstin Steinsberg­er.
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Hier wachsen Schlehe, Weißdorn, Wei‰ de, Wildrose, Pfaffenhüt­chen, Schnee‰ ball, Jasmin und Sanddorn, hinzu kamen wild wachsende Brombeeren.
 ?? ?? Mit Rosen hat es nicht geklappt, als sich wilder Wein angesiedel­t hatte, durfte er bleiben. Nistkästen und Insektenho­tel sind gut bewohnt.
Mit Rosen hat es nicht geklappt, als sich wilder Wein angesiedel­t hatte, durfte er bleiben. Nistkästen und Insektenho­tel sind gut bewohnt.

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