Mindelheimer Zeitung

Der Kanzlerflü­sterer

Porträt Jens Plötner hat eine Diplomaten­karriere wie aus dem Bilderbuch hinter sich. Nun berät er Olaf Scholz – und macht sich angreifbar. Ist er zu Russland-freundlich?

- Rudi Wais

Ein guter Berater macht sich unsichtbar, er überlässt das Rampenlich­t seinem Auftraggeb­er und hält sich selbst diskret im Hintergrun­d. In der Wirtschaft verdienen gute Berater damit viel Geld – in der Politik ist ein Teil ihres Lohnes die Nähe zur Macht. Wo andere draußen bleiben müssen, sind sie mit dabei. Auch jetzt, in Elmau.

Jens Plötner, der außenpolit­ische Berater von Olaf Scholz, ist unter den Kanzlerflü­sterern neben dem Ökonomen Jörg Kukies der vielleicht einflussre­ichste – und neuerdings auch der umstritten­ste, seit er bei einer Veranstalt­ung der Gesellscha­ft für Auswärtige Politik in Berlin so klang, als fehle es der deutschen Außenpolit­ik noch immer an der nötigen Härte im Umgang mit Wladimir Putin.

Mit 20 Panzern vom Typ Marder, beschwerte sich Plötner da, könne man viele Zeitungsse­iten füllen. „Aber größere Artikel darüber, wie das künftige Verhältnis zu Russland sein wird, gibt es weniger.“Dabei sei dies „eine genauso spannende und relevante Frage.“Und überhaupt: Nur weil ein Land angegriffe­n werde, sei es nicht automatisc­h ein besserer Rechtsstaa­t. Wer da so sprach, der

Kanzler aus seinem Berater oder der Berater als Privatmann, blieb unklar.

Jens Plötner, 54 Jahre, verheirate­t und Vater von zwei Kindern, hat eine Diplomaten­karriere wie aus dem Bilderbuch hinter sich. Der gelernte Jurist war Büroleiter des Außenminis­ters Frank-Walter Steinmeier, Sprecher des Auswärtige­n Amtes, Botschafte­r in Sri Lanka, Tunesien und Griechenla­nd – und als Politische­r Direktor der einflussre­ichste Beamte des Ministeriu­ms, zuständig vor allem für die großen Krisen der Welt. In der Ukraine allerdings gilt Plötner als Miterfinde­r von Steinmeier­s allzu sorgloser Russland-Politik und als Mitverantw­ortlicher dafür, dass Waffenlief­erungen aus Deutschlan­d immer etwas länger dauern. Doch während sein früherer Chef Steinmeier die eigene Rolle inzwischen kritisch sieht, verteidigt­e Plötner den damaligen Kurs vor kurzem noch in einem Interview: „Zu versuchen, eine Sicherheit­sarchitekt­ur aufzubauen mit Russland, das war alle Energie wert.“

In Elmau agiert er nach der Aufregung der letzten Tage nun wieder, wie ein Politiker es von einem Berater erwartet – er bleibt im Off. Aus Gesprächen mit Plötner darf nicht zitiert werden.

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Foto: Imago

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