Ein ehemaliger Ultra ist Präsident der Hertha
Kay Bernstein setzt sich gegen das Establishment des Vereins durch
Berlin Die Mitglieder von Hertha BSC wagen die kleine Revolution. Mit 1670 von 3016 gültigen Stimmen haben sie am Sonntag den Kommunikationsmanager und Ex-Ultra Kay Bernstein zum neuen Präsidenten ihres Klubs gewählt. Der 41-Jährige will beim Hauptstadtklub eine drastische inhaltliche Neuausrichtung anstoßen. „Unsere Alte Dame liegt auf der Intensivstation. Jetzt können wir sie von innen ganzheitlich heilen und gesund machen“, sagte er im City Cube der Berliner Messe nach seiner Wahl.
Es ist ein Sieg für die aktive Fanszene und eine krachende Niederlage für das Establishment des Klubs. Während der Versammlung wurde die Entfremdung zwischen Teilen der Mitgliedschaft und den Funktionären auf der Bühne deutlich. „Wir brauchen einen ehrlichen, wirklichen Neustart“, sagte Bernstein.
Bei der Verkündung des Ergebnisses brachen riesiger Jubel und „Ha Ho He, Hertha BSC“-Rufe von Bernsteins Unterstützern aus. Der 41-Jährige, der sich selbst als „Kind der Kurve“bezeichnet, war sichtlich gerührt und pustete auf der Bühne mehrmals durch. „Vielen Dank für euer Vertrauen“, sagte er. Jeder und jede könne mithelfen, um die „blau-weiße Seele“des Klubs zurückzugewinnen.
Bernstein setzte sich gegen den Wunschkandidaten des Aufsichtsrats und langjährigen CDU-Bundestagsabgeordneten Frank Steffel sowie den krassen Außenseiter Marvin Brumme durch. Nach 14 Jahren war der umstrittene Werner Gegenbauer Ende Mai als Präsident zurückgetreten.
Steffel, der den Handball-Bundesligisten Füchse Berlin seit vielen Jahren erfolgreich führt und sportpolitisch als bestens vernetzt gilt, war als leichter Favorit in den Tag gegangen. Während der Versammlung zeigte sich jedoch immer deutlicher, wie kritisch er von großen Teilen der Mitgliedschaft gesehen wird – gerade wegen seiner Verbindungen zum Establishment.
Bernstein war einst Vorsänger in der Ostkurve und engagiert sich noch heute für soziale Projekte der Fans. Immer wieder hatte er im Wahlkampf den Austausch mit der Basis gesucht. Bessere Kommunikation nach innen und außen, mehr Zusammenhalt und vor allem ein besseres Einbinden von Fans und Mitgliedern. Das konnte Bernstein glaubhaft verkörpern, nun muss er es umsetzen. (dpa, Foto: dpa)