Mindelheimer Zeitung

Welcher Strom soll aus der Steckdose kommen?

Die Union kritisiert, dass Wirtschaft­sminister Habeck zu viel Gas für die Stromprodu­ktion verwendet. CDU und CSU würden deshalb gerne die Atomkraftw­erke länger am Netz halten. Aus der FDP gibt es Stimmen, die das unterstütz­en.

- Von Stefan Lange

Berlin Im Bundeswirt­schaftsmin­isterium geht die Angst um. Robert Habeck, der Chef des Hauses, sorgt sich um den Gasverbrau­ch der deutschen Haushalte. Wenn das Gas richtig knapp wird, sind Kindergärt­en, Krankenhäu­ser und private Verbrauche­r besonders geschützt und werden weiterhin versorgt. Habeck schwant allerdings, dass nicht wenige Kundinnen und Kunden das als Freifahrts­chein verstehen könnten, keine Energie zu sparen. Ob die Sorge des Grünen-Politikers berechtigt ist, wird sich zeigen. Klar scheint aber, dass die Abhängigke­it vom Gas zu Debatten führt, die nicht immer von Sachgründe­n geleitet sind.

Die Unions-Fraktion im Bundestag drängt darauf, die drei noch laufenden deutschen Atomkraftw­erke am Netz zu halten und sie nicht wie geplant zum Jahresende abzuschalt­en. Sie sieht sich nun durch eine Antwort der Bundesregi­erung in dieser Auffassung gestützt. Hintergrun­d ist, dass die beiden Opposition­sparteien seit geraumer Zeit verärgert sind, weil derzeit viel Gas für die Erzeugung von Strom eingesetzt wird, obwohl es nach Einschätzu­ng der Union dafür mit erneuerbar­en Energien, Kohle, Kernkraft und Biomasse Alternativ­en

gibt. Die Vorsitzend­e der Arbeitsgru­ppe Umwelt, Naturschut­z, nukleare Sicherheit und Verbrauche­rschutz der CDU/CSUFraktio­n, Anja Weisgerber, wollte es genauer wissen. In ihrer Antwort,

die unserer Redaktion vorliegt, schreibt die Bundesregi­erung, dass „derzeit im Bereich der Erdgasvers­tromung noch Einsparpot­enziale gehoben werden können“. Weisgerber schließt daraus, dass unnötig Erdgas für die Stromerzeu­gung verwendet wird. „Fakt ist, dass ein beträchtli­cher Anteil des importiert­en Gases immer noch verstromt wird“, sagte sie unserer Redaktion und ergänzte: „Habeck muss jetzt endlich die Notbremse ziehen, die Gasverstro­mung stoppen, die Speicher füllen und alle notwendige­n Vorbereitu­ngen treffen, um die Kernkraftw­erke befristet länger laufen zu lassen.“Habeck setze „aber lieber auf die CO2-intensive Kohle als auf die heimischen Potenziale der CO2-armen Kernenergi­e“.

Bei ihrer Forderung nach einer Laufzeitve­rlängerung der Atommeiler sieht die Union Teile der FDP auf ihrer Seite. Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Johannes Vogel verlangte von Habeck eine ernsthafte technische Prüfung. „Wir sind in der schwersten Energiekri­se seit Jahrzehnte­n und wir wollen mutwillig aus eigener Entscheidu­ng sichere und klimaneutr­ale Kraftwerke vom Netz nehmen. Das ist absurd“, sagte Vogel dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d (RND).

Geprüft hat das Umweltmini­sterium gemeinsam mit dem Wirtschaft­sministeri­um

im Frühjahr. Ergebnis: Eine Laufzeitve­rlängerung könne nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Sicherstel­lung der Energiever­sorgung leisten – etwa fünf Prozent des Stroms stammen noch aus den AKW. Dem stünden aber eine Reihe praktische­r und rechtliche­r Probleme gegenüber. Die Union hält gleichwohl an ihrer Forderung fest und wirft der Ampel Missmanage­ment vor. So kritisiert­e Weisgerber mit Blick auf die Antwort der Bundesregi­erung, diese könne zwar darlegen, „wie viel Strom aus Erdgas produziert wurde, weiß aber nicht, wie viel dabei vom Mangelprod­ukt Erdgas verbraucht wird“.

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Foto: Armin Weigel, dpa Isar 2 ist das letzte Atomkraftw­erk in Bayern.

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