Welcher Strom soll aus der Steckdose kommen?
Die Union kritisiert, dass Wirtschaftsminister Habeck zu viel Gas für die Stromproduktion verwendet. CDU und CSU würden deshalb gerne die Atomkraftwerke länger am Netz halten. Aus der FDP gibt es Stimmen, die das unterstützen.
Berlin Im Bundeswirtschaftsministerium geht die Angst um. Robert Habeck, der Chef des Hauses, sorgt sich um den Gasverbrauch der deutschen Haushalte. Wenn das Gas richtig knapp wird, sind Kindergärten, Krankenhäuser und private Verbraucher besonders geschützt und werden weiterhin versorgt. Habeck schwant allerdings, dass nicht wenige Kundinnen und Kunden das als Freifahrtschein verstehen könnten, keine Energie zu sparen. Ob die Sorge des Grünen-Politikers berechtigt ist, wird sich zeigen. Klar scheint aber, dass die Abhängigkeit vom Gas zu Debatten führt, die nicht immer von Sachgründen geleitet sind.
Die Unions-Fraktion im Bundestag drängt darauf, die drei noch laufenden deutschen Atomkraftwerke am Netz zu halten und sie nicht wie geplant zum Jahresende abzuschalten. Sie sieht sich nun durch eine Antwort der Bundesregierung in dieser Auffassung gestützt. Hintergrund ist, dass die beiden Oppositionsparteien seit geraumer Zeit verärgert sind, weil derzeit viel Gas für die Erzeugung von Strom eingesetzt wird, obwohl es nach Einschätzung der Union dafür mit erneuerbaren Energien, Kohle, Kernkraft und Biomasse Alternativen
gibt. Die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz der CDU/CSUFraktion, Anja Weisgerber, wollte es genauer wissen. In ihrer Antwort,
die unserer Redaktion vorliegt, schreibt die Bundesregierung, dass „derzeit im Bereich der Erdgasverstromung noch Einsparpotenziale gehoben werden können“. Weisgerber schließt daraus, dass unnötig Erdgas für die Stromerzeugung verwendet wird. „Fakt ist, dass ein beträchtlicher Anteil des importierten Gases immer noch verstromt wird“, sagte sie unserer Redaktion und ergänzte: „Habeck muss jetzt endlich die Notbremse ziehen, die Gasverstromung stoppen, die Speicher füllen und alle notwendigen Vorbereitungen treffen, um die Kernkraftwerke befristet länger laufen zu lassen.“Habeck setze „aber lieber auf die CO2-intensive Kohle als auf die heimischen Potenziale der CO2-armen Kernenergie“.
Bei ihrer Forderung nach einer Laufzeitverlängerung der Atommeiler sieht die Union Teile der FDP auf ihrer Seite. Fraktionsgeschäftsführer Johannes Vogel verlangte von Habeck eine ernsthafte technische Prüfung. „Wir sind in der schwersten Energiekrise seit Jahrzehnten und wir wollen mutwillig aus eigener Entscheidung sichere und klimaneutrale Kraftwerke vom Netz nehmen. Das ist absurd“, sagte Vogel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Geprüft hat das Umweltministerium gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium
im Frühjahr. Ergebnis: Eine Laufzeitverlängerung könne nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Sicherstellung der Energieversorgung leisten – etwa fünf Prozent des Stroms stammen noch aus den AKW. Dem stünden aber eine Reihe praktischer und rechtlicher Probleme gegenüber. Die Union hält gleichwohl an ihrer Forderung fest und wirft der Ampel Missmanagement vor. So kritisierte Weisgerber mit Blick auf die Antwort der Bundesregierung, diese könne zwar darlegen, „wie viel Strom aus Erdgas produziert wurde, weiß aber nicht, wie viel dabei vom Mangelprodukt Erdgas verbraucht wird“.