Mindelheimer Zeitung

Wetterdien­st will besser warnen

- Von Michael Mayr

Nach der Flutkatast­rophe vor einem Jahr zieht der DWD Konsequenz­en. Die Behörde wird ihr Warnsystem umfassend ändern. Welche Rolle Comics dabei spielen könnten.

Offenbach 186 Menschen starben, mehr als 766 Menschen wurden verletzt – und zwei werden bis heute vermisst. Das ist die fatale Bilanz der Flutkatast­rophe im Westen Deutschlan­ds am 14. Juli 2021. Dabei hatte der Deutsche Wetterdien­st (DWD) bereits in den Tagen zuvor teils deutliche Hochwasser­warnungen ausgesproc­hen. Die Bundesbehö­rde zieht daraus nun ihre Konsequenz­en – und will ihr Warnsystem verbessern.

„Die frühzeitig­en und zutreffend­en Warnungen des DWD wurden damals noch nicht optimal genutzt. Deshalb passen wir unser Warnsystem an“, kündigte das für die Wettervorh­ersage zuständige DWD-Vorstandsm­itglied Renate Hagedorn an. Die Warnungen sollen verständli­cher und auf Nutzerinne­n und Nutzer individuel­l zugeschnit­ten werden.

Via „WarnWetter-App“, auf der Internetse­ite des DWD und notfalls über das Warnsystem des Bundesamts für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe, das auch Funk und Fernsehen beinhaltet, erhalten Bürger und Behörden aktuell die Unwetterwa­rnungen. Auch in anderen Medien und Apps werden die Hinweise oft aufgegriff­en. Künftig sollen Nutzer per Baukastens­ystem in der App Warnungen, Vorhersage­n und andere Dienste an die eigenen Bedürfniss­e

anpassen können. Diese seien schließlic­h sehr unterschie­dlich, sagt DWD-Sprecher Uwe Kirsche unserer Redaktion: „Wenn man beruflich mit Außenanstr­ichen zu tun hat, sind überspitzt gesagt schon fünf Regentropf­en zu viel. Die meisten Menschen dürfte diese Menge aber gar nicht interessie­ren.“

Geplant sind beispielsw­eise weniger Warn-Kategorien – bisher

gibt es vier – und die Angabe einer „Eintrittsw­ahrscheinl­ichkeit“. Zuerst, so Kirsche, würden die Meldungen „entschlack­t“, um verständli­cher zu sein. Alle weiteren Änderungen sollen Stück für Stück folgen. Der DWD plant etwa, die möglichen Auswirkung­en anstehende­r Unwetter besser zu vermitteln. „Von den Mengen her waren die Vorhersage­n richtig“, sagt Kirsche mit Blick auf die Ahr-Flut. Die

Verantwort­lichen seien anschließe­nd trotzdem vor der Frage gestanden: Warum ist so viel passiert? Kirsche schließt daraus: „Wer so etwas noch nicht erlebt hat – Gott sei Dank sind das die meisten – kann das schwer einschätze­n.“

Für die Verbesseru­ng des Warnsystem­s ist auch eine ansprechen­de Visualisie­rung wichtig. Dabei lässt sich der DWD von den USA inspiriere­n: „Im US-Warnsystem geht es oft um Tornados. Bei einer Analyse kam dann heraus, dass es am besten funktionie­rt, die Tornadowar­nung als Comic auszuspiel­en“, erklärt Kirsche. Um Unwetter-Folgen konkret zu veranschau­lichen, bräuchte der DWD aber auch topografis­che Daten. Für Bewertunge­n, was bei einem Unwetter am Boden passiert, habe man bislang jedoch keine Kompetenz, sagte Behördench­ef Gerhard Adrian in einem Untersuchu­ngsausschu­ss zur Flut.

Jedenfalls: In drei bis fünf Jahren sollen die Verbesseru­ngen umgesetzt sein. Sprecher Kirsche betont gleichwohl: „Das ist ein ständiger Prozess.“So laufen bereits auch Planungen für ein „Naturgefah­renportal“. Dafür arbeitet der DWD unter anderem mit dem Amt für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe und dem Amt für Seeschifff­ahrt und Hydrografi­e zusammen. Ziel sei es bei diesem Projekt, ein umfassende­s Bild über bevorstehe­nde Wettererei­gnisse und deren Folgen anzubieten.

 ?? Foto: Thomas Frey, dpa ?? Die Flut traf Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit voller Wucht – trotz Warnungen des Deutschen Wetterdien­stes (DWD).
Foto: Thomas Frey, dpa Die Flut traf Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit voller Wucht – trotz Warnungen des Deutschen Wetterdien­stes (DWD).

Newspapers in German

Newspapers from Germany