Schwarz-grüne Südallianz
Die beiden Ministerpräsidenten Markus Söder und Winfried Kretschmann verkünden in Neu-Ulm nicht nur eine gemeinsame Wasserstoffstrategie. Auch in der Kritik an Berlin wirken der CSU-Chef und der Grüne sehr einig.
Neu-Ulm Die Zuneigung zwischen Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne) ist bekannt. Regelmäßig überschütten sich der bayerische Ministerpräsident und sein baden-württembergischer Amtskollege mit liebevollen Schwüren. Auch auf der gemeinsamen Pressekonferenz im Neu-Ulmer Rathaus anlässlich einer gemeinsamen Wasserstoffstrategie beider Länder demonstrierten die Landesherren größtmögliche Eintracht – und richteten klare Worte an die Bundesregierung.
Denn ginge es nach den Vorstellungen beider Ministerpräsidenten, werden Bayern und BadenWürttemberg bis spätestens 2030 an das nationale und europäische Wasserstoffnetz angeschlossen. Nach aktuellen Plänen zum Bau eines europäischen Wasserstoffnetzes ist der Anschluss der beiden Bundesländer zum Teil erst Mitte der 2030er-Jahre vorgesehen. Für Söder und Kretschmann ein unhaltbarer Zustand: „Es ist völlig absurd, dass wir als wirtschaftliche Lokomotiven des Landes erst so spät erschlossen werden sollen und damit einen klaren Standortnachteil gegenüber dem Norden haben“, beklagte Söder. Und ergänzte: „Wenn der süddeutsche Motor nicht läuft, hat Deutschland ein Problem.“
Deshalb wollen beide Landesregierungen in den kommenden Jahren auf einen raschen Netzanschluss Bayerns und Baden-Württembergs drängen. „Wasserstoff ist das zentrale Element der globalen Energiewende“, ordnete Kretschmann die Bedeutung des Energieträgers ein. Auch wenn der in der Industrie verwandte Wasserstoff derzeit noch größtenteils aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas gewonnen wird, ist das Ziel der Bundesregierung, möglichst bald auf grünen Wasserstoff umzusteigen. Söder und Kretschmann stören
sich an den vorgesehenen Anlandestellen des Energieträgers.
Nach aktuellen Plänen könnte dies unter anderem der Hafen in Rotterdam sein. Bevor Wasserstoff also nach Bayern oder BadenWürttemberg gelänge, wäre zunächst das Ruhrgebiet am Zug. Am Ende könnten die südlichen Bundesländer draufzahlen. „Um die
Energiepotenziale aus dem Nahen Osten auszuschöpfen und die Preise niedrig zu halten, sollten auch Häfen in Triest und Genua genutzt werden“, sagte Söder. Sonst könnten wirtschaftliche Abstiegsszenarien bald Realität werden.
Es soll ein Zeichen ausgehen von dieser Wasserstoffallianz, allen voran an die nördlicher gelegenen Bundesländer und die Bundesregierung. Das lautet: Bayern und Baden-Württemberg lassen sich nicht über den Tisch ziehen. Mit Kritik an der Ampel in Berlin sparten die Ministerpräsidenten nicht. „Unsere Allianz ist im wohlverstandenen Interesse der Bundesrepublik Deutschland. Unsere beiden Länder haben die Fähigkeiten, mit dem Silicon Valley zu konkurrieren, nicht mit MecklenburgVorpommern“, ätzte Kretschmann.
Den öffentlichen Streit innerhalb der Bundesregierung über weitere Entlastungspakete kommentierte Kretschmann süffisant: „Ich habe noch keinen Tag bereut, dass ich keine Ampel-Koalition gemacht habe.“Wichtig sei Bayern und Baden-Württemberg besonders, dem Eindruck entgegenzutreten, man sei reich und andere Bundesländer könnten immer nur schröpfen. „Da sage ich: Ende Gelände, so etwas machen wir nicht mehr mit.“Söder hörte die Worte seines Amtskollegen wohlwollend.