Bei diesem Fund aus Bad Wörishofen schlagen Sammlerherzen höher
Eine von drei existierenden Pantochrom Drei-Farben-Kameras aus Holz steht nun im Süddeutschen Fotomuseum, auch eine Maschinengewehrkamera sorgt für Aufsehen.
Das Süddeutsche Fotomuseum in Bad Wörishofen hat eine neue Rarität in der Ausstellung. Stefan Hebel konnte eine von drei Pantochrom Drei-Farben-Kameras aus Holz erstehen, die von Julius Halewicz ab 1936 konstruiert wurden. Mit dem PantochromModell aus Aluminium aus dem Jahr 1950 ist sein Museum nun das einzige weltweit, das beide Kameras ausstellt.
„Es geht nicht nur um die Kameras, sondern um die Geschichte der Fotografen“, sagt Stefan Hebel und blickt nachdenklich auf das neben der Pantochrom Kamera aufgestellte Portrait von Julius Halewicz. 1900 in Krakau geboren und 1915 nach Wien evakuiert, diente er mit 17 Jahren als Soldat der österreichischen Armee im Ersten Weltkrieg. Er wurde am Kopf verwundet und litt Zeit seines Lebens an Kopfschmerzen, was ihn nicht von einem außergewöhnlichen Lebensweg abhielt. Nach einem Jura-Studium mit Promotion in Krakau studierte er Theaterwissenschaft in Berlin. Bei der Uraufführung der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht war er Regieassistent. Als Hobby machte er Rollenfotos von den Schauspielerinnen und Schauspielern, was großen Anklang fand.
Da seine Mutter Jüdin war, wurde er im Jahr 1933 am Theater entlassen und gründete in Berlin ein „Farbfotografisches Versuchslaboratorium“. Er wendete sich mit großer Energie der Farbfotografie zu und fokussierte sich vor allem auf die Foto-Technik. Ab 1936 konstruierte er die Drei-Farben-Kamera „Pantochrom“und entwickelte zudem ein Papierbildverfahren, einen Reisevergrößerer und eine Kleinbildkamera. „Das grundlegend Andere an den PantochromKameras ist, dass während bei Miethe-, Bermpohl- oder Jos-PeKameras Farbfilter eingesetzt wurden, um die Farben zu separieren, Halewicz die Spiegel einfärbte – dies brachte eine um 75 Prozent höhere Lichtausbeute“, erklärt Stefan Hebel.
1937 musste Halewicz unter dem Druck des Nazi-Regimes Deutschland verlassen und kehrte nach Krakau zurück. Obwohl Halbjude wurde Halewicz 1943 zwangsverpflichtet, um mit seiner Pantochrom die durch Bomben bedrohten Kunstschätze im gesamten Deutschen Reich zu fotografieren. „In Münster steht eine Kirche, die nur aufgrund der Fotografien von Halewicz rekonstruiert werden konnte“, erzählt Stefan Hebel. Ein Großteil der Aufnahmen befindet sich heute im Archiv der LudwigMaximilian-Universität in München, da Halewicz 1956 einen Satz von 1000 Farbdias zum Preis von 5000 DM an das Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München verkaufte. „Halewicz hat mich als Person fasziniert, weil seine Vita unbegreiflich ist“, findet Stefan Hebel. Leider wurde die beginnende Produktion der Pantochrom in Gräfelfing bei München nach dem Krieg ein Flop, da Farbfilme in immer besserer Qualität aufkamen.
Faszinierende Geschichten wie diese verbergen sich hinter vielen im Süddeutschen Fotomuseum ausgestellten Fotoapparaten und Stefan Hebel kennt sie alle. „Die Kamera an sich ist langweilig, das ist bloß Blech, Glas und ein bisschen Feinmechanik“, findet er, „die Geschichten dahinter sind interessant“. Manchmal sind es aber auch die Raritäten selbst, die für Aufsehen sorgen. Wie zum Beispiel eine Thornton Picard Maschinengewehrkamera.
Zur Ausbildung der Bordschützen wurden an einen Doppeldecker hinten Luftballons gehängt, die dann von einem anderen Flugzeug aus beschossen wurden, erklärt Stefan Hebel. Da dies jedoch sehr risikoreich für die Piloten der „Luftballonflugzeuge“war, überlegte man sich für die Übungen eine Foto-Lösung. In das Maschinengewehr wurde ein Teleobjektiv und ein Film eingebaut und statt zu schießen durch das Fadenkreuz durchfotografiert. Auf den entwickelten Bildern sah man dann, ob der Schütze getroffen hätte oder nicht.
Für den Internationalen Museumstag im Mai bereitet Hebel bereits seine nächste Sonderausstellung vor. Vier Generationen RolleiKameras und ihre berühmten Fotografen wie beispielsweise Leo Schnellbach und Lala Aufsberg werden gekonnt in Szene gesetzt. Bis dahin sind Besucher jeden Dienstag von 15 bis 20 Uhr im Süddeutschen Fotomuseum im Beethovenweg 1 in Bad Wörishofen willkommen. Um 15 findet jeweils eine Führung durch die Sammlung statt, der Eintritt ist kostenlos.