Der lange Weg zum Tiny-Haus
Einfach, günstig und schnell wollte sich Kristina Sauter in Wallenried den Traum vom eigenen Häuschen verwirklichen. Doch dafür brauchte sie einen langen Atem.
Im Herbst 2022 sah es noch so aus, als könnte alles ganz schnell gehen: Der Unteregger Gemeinderat hatte nichts gegen die Bauvoranfrage von Kristina Sauter einzuwenden, die in Wallenried ein Tiny-Haus bauen will. Die junge Frau hoffte, vielleicht schon im Frühjahr 2023 in ihr rund 50 Quadratmeter großes Häuschen einziehen zu können. Doch daraus wurde nichts. Inzwischen weiß sie: Der Weg zu einem kleinen Haus kann sehr lang sein.
Da ist zunächst der Umstand, dass Wallenried kein Dorf, sondern „nur“ein Weiler ist: Kristina Sauters Elternhaus steht dort und noch ein Nachbarhof. Weil es keine größere zusammenhängende Bebauung und auch keinen Bebauungsplan gibt, handelt es sich rechtlich um sogenannten Außenbereich, der nicht ohne Weiteres bebaut werden darf – es sei denn, es geht um ein landwirtschaftliches Vorhaben. Das ist bei Kristina Sauter der Fall: Die Krankenschwester hält auf dem Hof ihrer Eltern nämlich nicht nur Wollschweine und Hühner, sondern möchte den Milchviehbetrieb zusammen mit ihrem Bruder auch übernehmen. Dazu hat sie berufsbegleitend die Ausbildung zur Landwirtin absolviert. „Das war mein Glück“, erzählt die 30-Jährige. Denn so wird ihr geplantes Häuschen als „Betriebsleiterwohnung“anerkannt, die auch im Außenbereich zulässig ist.
Allerdings war sie das erst, nachdem ein Mitarbeiter des Landwirtschaftsamtes vor Ort überprüft hatte, ob Kristina Sauter auf dem Hof ihrer Eltern nicht jetzt schon über eine eigene Wohnung verfügt – was nicht der Fall ist – und ob dieser Hof auch zukunftsfähig ist, was glücklicherweise schon der Fall ist. Mit dem Okay des Landwirtschaftsamtes war es dann aber immer noch nicht getan: Das Landratsamt verlangte eine notariell verbriefte Dienstbarkeitserklärung, dass Kristina Sauter keine Siedlung plant, sondern nur sie selbst oder ein Betriebsleiter in dem Tiny-Haus wohnen wird. Als Nächstes musste sie ein Baugrundgutachten vorlegen, aus dem die Höhe des Grundwasserspiegels hervorgeht. „Obwohl ja gar nicht gebaggert wird, weil das Haus keinen Keller hat“, sagt Kristina Sauter und schüttelt den Kopf. Wahrscheinlich habe sich die Pläne niemand so genau angesehen und deshalb nicht bemerkt, dass Wallenried auf dem Berg liegt, vermutet sie. Und auch, dass es beim Bau des zehn Meter tiefen Tiefsilos auf dem Hof ihrer Eltern keinerlei Probleme mit dem Grundwasser gegeben hatte, zählte nicht. Also suchte Kristina Sauter einen Sachverständigen – was gar nicht so leicht gewesen sei. Das Büro übernahm dann auch den Nachweis für die Niederschlagsbeseitigung, der für das Häuschen ebenfalls nötig war. Das alles kostet Zeit – und natürlich auch Geld. „Das läppert sich schon“, sagt die Bauherrin – und es kostet Nerven. Zumal wenn man weiß, dass sie einen Stadel ohne Genehmigung und ohne diese Gutachten hätte bauen dürfen.
Die junge Frau hatte gehofft, ihr Häuschen an die Hauskläranlage ihrer Eltern anschließen zu können, doch das geht nicht, sie braucht eine eigene Drei-KammerKlärgrube. „Ich hab’ mir das viel einfacher vorgestellt“, gibt sie offen zu. Auch damit, dass sie ihren Plan nicht nur von ihren Eltern und ihren Nachbarn unterschreiben lassen musste, sondern von allen, deren Wald oder Wiese an ihr Grundstück angrenzt, hatte sie nicht gerechnet. Sie holte die Unterschriften von neun Personen ein, die ihr Häuschen nicht einmal sehen werden. „Das hat keiner verstanden. Die haben sich lustig gemacht“, erzählt sie und muss selber schmunzeln. Die Hürden auf dem Weg zu ihrem Traumhaus nimmt sie inzwischen gelassen, auch wenn sie sich in den vergangenen Monaten schon manchmal gefragt habe: „Ja, was denn noch alles?“
Seit Oktober 2023 liegt die Baugenehmigung nun vor und Kristina Sauter freut sich, dass es endlich losgehen kann: Die acht Betonblöcke, die das Fundament des Tiny-Hauses bilden werden, sind bereits fertig und die Bodenplatte sowie die Außenwände sollen demnächst geliefert werden. Mit etwas Glück kann sie diesen Frühling, ein Jahr später als gedacht, in ihr eigenes kleines Reich einziehen. 14 Meter wird es lang und vier Meter breit sein und komplett ebenerdig. Geplant sind ein Wohn-Essbereich mit Küche, ein Bad, eine Abstellkammer und ein Schlafzimmer. „Ich glaube, damit komme ich ganz gut klar“, sagt die 30-Jährige.
Ihr war es wichtig, in Wallenried zu bleiben, um nah bei ihren Tieren zu sein – und weil sie sich dort einfach wohlfühlt. In welchem anderen Weiler gibt es neben einem gemeinsamen Mai- und Christbaum schon einen eigenen MiniFaschingsumzug? Auf dem Papier werden sie und ihre Tiere kurioserweise aber in unterschiedlichen Gemeinden leben: sie in Dirlewang, ihre Tiere in Warmisried. Die Gemarkungsgrenze verläuft genau auf ihrem Grundstück. Doch das ist Kristina Sauter nach dem langen Weg zu ihrem Häuschen herzlich egal.
Das Projekt kostet Zeit, Geld und Nerven.