TSV Kirchheim sieht sich zu Unrecht in der Kritik
Nach der Debatte im Marktrat über Faschingsumzug und Tilgungszuschuss an den TSV meldet sich der Verein zu Wort – und erwägt sogar drastische Maßnahmen.
Nachdem in der vergangenen Marktratssitzung über den geplanten Faschingsumzug des TSV Kirchheim und den Tilgungszuschuss des Marktes an den Verein diskutiert worden ist, meldet sich nun der Vorsitzende Franz Schiegg im Namen des Vereins und seiner Vorstandskollegen zu Wort. Er sieht das Ehrenamt an den Pranger gestellt. Angesichts der Anschuldigungen könne man sich sogar vorstellen, dass der Verein sein Engagement zurückfährt.
Der TSV 1863 Kirchheim zähle zu den ältesten Sportvereinen im Unterallgäu. „Wir sind keine Firma, sondern ein gemeinnütziger Verein, dem rund die Hälfte aller Kirchheimer Bürger als Mitglied angehören“, so Schiegg. Alleine im vergangenen Jahr habe man entgegen dem bundesweiten Trend einen Zuwachs von über zehn Prozent auf nunmehr über 820 Mitglieder verzeichnen können.
Der Bau des Sportparks in Kirchheim unter anderem mit einem neuen Vereinsheim, drei Sportplätzen, einer Tribüne, einem Festplatz, Außenanlagen und Parkplätzen sei „in X-Stunden Eigenleistung“errichtet worden. „Solch ein Projekt kostet sehr viel Geld“, so Schiegg. „Ohne die damalige finanzielle Unterstützung der Marktgemeinde wäre ein solches Mammutprojekt niemals für einen Verein zu stemmen gewesen.“Deshalb habe es 2003 einen Beschluss des Marktrats gegeben, wonach sich die Gemeinde unter anderem an Zins und Tilgung des Darlehens über die gesamte Laufzeit von 22 Jahren beteilige. „Dieser Zuschuss war für die Umsetzung der Baumaßnahme unabdingbar“, betont Schiegg. „Sonst würden wir nach wie vor für unsere Fußballer am Hollweiher oder sonst wo trainieren und wer weiß, ob es den TSV in der heutigen Form überhaupt gäbe.“Angebote wie Jumping, Selbstverteidigung oder Linedance würde es nicht geben, ist man sich im Verein sicher.
Bis 2023 habe der TSV Kirchheim für Veranstaltungen wie den Faschingsumzug keinen schriftlichen Antrag an den Marktrat auf Übernahme der Kosten von Bauhof und Feuerwehr stellen müssen. „Das war in der Vergangenheit immer eine Selbstverständlichkeit, da ja jede Veranstaltung dieser Art als soziales und gesellschaftliches Engagement – auch und insbesondere für die Bevölkerung – gedacht ist und solche Events letztlich ja auch eine aktive und gelebte Gemeinde ausmachen“, so Schiegg. Man habe sich auch in anderen Orten erkundigt: „Eine solche Gängelung ist nirgendwo bekannt beziehungsweise üblich.“Dies habe dem Verein auf Nachfrage auch Bürgermeisterin Susanne Fischer bestätigt.
Als Verein sei der TSV ausschließlich auf Ehrenamtliche angewiesen. Bei einem Faschingsumzug würden zum Beispiel über 100 Helferinnen und Helfer benötigt, die neben den rund 100 Aktiven eine solche Veranstaltung erst möglich machen. Hinzu komme die enorme Verantwortung für alle Mitglieder, insbesondere aber für den Vorstand.
Den Vorwurf von Marktrat und Bauhofleiter Jürgen Glogger, dass der Verein nach dem Faschingsumzug 2023 bei den Aufräumarbeiten „nur eine Stunde alibimäßig durchgelaufen“sei, will der TSV nicht auf sich sitzen lassen. Der Verein habe für die Reinigung der Straßen und Gehwege eigens eine Kehrmaschine mit Fahrer engagiert und – im Gegensatz zu anderen Gemeinden – selbst bezahlt, erläutert Schiegg. Bei anderen Faschingsumzügen sei der Bauhof mit Kehrmaschine die letzte Umzugsnummer. Zudem habe es am Tag vor dem Umzug 2023 stark geschneit. Der Unrat sei deshalb im Schnee schwer oder gar nicht auffindbar gewesen. „Auch waren Gehwege und Straßenrand nicht vom Schnee befreit, was das Aufräumen nicht erleichtert hat.“Als der Schnee getaut war, sei eine Truppe aus Aktiven und deren Eltern in Abstimmung mit Bürgermeisterin Susanne Fischer das ganze Dorf nach Unrat abgegangen und habe aufgeräumt.
Unter derartigen Voraussetzungen überlege der TSV, im kommenden Jahr überhaupt einen Umzug abzuhalten oder generell sein Engagement zurückzufahren oder gänzlich einzustellen, so Schiegg und nennt als Beispiele die traditionellen Feste wie Kirchweihfeuer, Maibaumfest, Oktoberfest und historisches Marktfest.
Es sei enorm schwer geworden, einen Verein zu führen, so Schiegg. „Alleine für unser Open-Air-Fest auf unserem eigenen Sportgelände im Juli 2023 hatten wir Bescheide, Verordnungen, Gestattungen von insgesamt 61 Seiten erhalten.“Das sei für einen ehrenamtlichen Vorstand eigentlich nicht mehr machbar. „Ganz zu schweigen von den strafrechtlichen Konsequenzen – es sei nur mal das Thema Jugendschutz erwähnt – macht es für das Ehrenamt in Zukunft nicht leichter.“
Werde dann von außen ein Verein ständig für sein soziales und gesellschaftliches Engagement quasi an den Pranger gestellt, „dann stimmt das die Verantwortlichen mehr als traurig“, so Schiegg. „Auch sieht sicherlich ein in diesem Jahr neu zu wählender Vorstand diese Art der modernen Hatz als große Motivation, ein solches Amt zu übernehmen.“