40 besinnliche Tage
Von Aschenkreuz bis Heiliges Grab: In der Fastenzeit gibt es zahlreiche Bräuche, die zum Teil schon jahrhundertealt sind.
Vor allem die Menschen auf dem Land sind immer noch eingebettet in einen festen Rahmen und Bräuche. Er wird bestimmt vom Jahreslauf, vom Wandel der Natur und auch von der Kirche mit ihren Fest- und Gedenktagen. Dazu gehören viele überlieferte Bräuche, die auf der Reise durch ein Jahr und durch das Leben Halt bieten. Auch die 40-tägige Fastenzeit zwischen Fastnacht und Ostern ist davon nicht ausgenommen. Dafür beginnt die Fastenzeit mit dem Aschermittwoch bereits Mitte Februar, weil dieser immer auf den Mittwoch vor dem sechsten Sonntag vor Ostern fällt. Die Fastenzeit leitet bei den Christen eine Zeit der Besinnung, des Fastens und der inneren Einkehr als Vorbereitung auf das Osterfest ein. Die einst strengen Fastengebote wurden von der Kirche allerdings längst gemildert und umgewandelt. Nichts mit dem Fastengebot haben allerdings die Fastenkuren zu tun, denen sich heutzutage viele freiwillig und meist aus gesundheitlichen Gründen unterziehen.
Mit dem Aschermittwoch als Fast- und (fleischlosem) Abstinenztag ist für die Christen in unserem Kulturkreis der Spaß der Feste und Bälle vorbei. In manchen Orten werden deshalb am Aschermittwoch symbolisch die Geldbeutel gewaschen oder es wurde die Fastnacht traurig begraben. In den Kirchen wird das Aschenkreuz als Zeichen der Vergänglichkeit gespendet. Heuer fiel der Aschermittwoch ausgerechnet auf den 14. Februar, den Valentinstag. Obwohl er kirchlicherseits auch ein besonderer Fasttag ist, hat der Aschermittwoch in unserer Zeit längst eine kulinarische Dimension erreicht. Fisch- und Kässpatzen-Essen werden mittlerweile als „Fastenessen“geradezu zelebriert. Früher gab es in bestimmten Regionen als Fastenspeise vorzugsweise Froschschenkel. Auch Schnecken waren beliebt. Sie werden heute noch vor allem im Badischen und Württembergischen auf sogenannten „Schneckenbällen“am Aschermittwoch genossen.
Der erste Fastensonntag heißt im Allgäu „Funkensonntag“, an dem vielerorts weithin sichtbare Funkenfeuer abgebrannt werden. Dabei wird in Form einer herausragenden Strohpuppe nach altem Brauch der Dämon-Winter vertrieben. Mit der Fastenzeit beginnen nun auch viele Starkbierfeste, die ihren Ursprung im nährenden Fastenbier der Mönche haben. Zum Fastenbier gesellen sich als Sonderheit bei vielen Bäckern die traditionellen Fastenbrezen („Faschtabrezga“), die ohne Lauge gebacken werden. Sie gehen darauf zurück, dass einst in der Fastenzeit der Genuss von Butter, Milch und Eiern untersagt war. Zudem drängen sich noch die Josefibock-Feste und Josefikonzerte um den Josefstag am 19. März in die „Besinnlichkeit“der Fastenzeit.
Traditionell gibt es in der Fastenzeit auch die ersten Jahrmärkte als „Fastenmärkte“. In Pfaffenhausen zum Beispiel wird der Fastenmarkt seit Jahrhunderten am dritten Fastensonntag abgehalten. In der einstigen Großpfarrei Pfaffenhausen wurden früher auch die sogenannten Fastenfreitage groß begangen. Zu den Bußpredigten und Bußgottesdiensten kamen der Überlieferung nach alljährlich Tausende von Gläubigen und taten Buße vor dem wundertätigen Kreuz.
Der Höhepunkt der Fastenzeit kommt mit dem Palmsonntag und der Karwoche vor Ostern. Diese Tage sind von vielerlei Brauchtum geprägt. Es beginnt am Palmsonntag mit der Weihe der Palmbuschen und mit Palmprozessionen. Früher wurden dabei „Palmesel“mitgezogen als Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem. Die letzten Exemplare dieser Palmesel findet man als Raritäten nur noch in Museen, so auch in Mindelheim. Am Gründonnerstag verstummen in den Kirchen die Glocken. „Sie fliegen nach Rom“, heißt es. Die Glocken werden durch Rätschen ersetzt – ein Brauch, der in den vergangenen Jahren wiederbelebt wurde. Auch „Heilige Gräber“als barocke Nachbildung der „Grabesruhe Jesu“werden zum Karfreitag wieder vermehrt aufgebaut und dann auch von vielen Gläubigen zu einer stillen Betrachtung besucht.
Auch die Ostertage sind reich an Bräuchen. Die Kirche feiert die Auferstehung Christi mit Gottesdiensten, Auferstehungsfeiern und Speisenweihen. Die Volksbräuche reichen von der Mär des Osterhasen über das Osterlamm bis hin zu den gefärbten und geweihten Eiern als wichtige Fruchtbarkeitsund Ostersymbole. Selbst der Brauch, ein geweihtes Ei gegen Blitzschlag über das Haus zu werfen, hat sich noch in manchen ländlichen Familien erhalten.