Mindelheimer Zeitung

Kult-Wirt Bodo knipst im „Paparazzi“das Licht aus

Eine Türkheimer Ära geht zu Ende – das „Paparazzi“schließt am 1. April. Bogdan Dzierzynsk­i alias Bodo hofft, einen Nachfolger zu finden.

- Von Sabine Schaa-Schilbach

Er sitzt zum letzten Mal auf seiner Terrasse und genießt die Frühlingss­onne: Bogdan Dzierzynsk­i. In Türkheim und darüber hinaus kennen ihn die 18- bis 80-Jährigen nur als Bodo. Aber so habe ihn, den jetzt 61-Jährigen, auch schon seine Mama gerufen. Bodo und seine Bar „Paparazzi“waren in Türkheim eine Institutio­n, sehr lange. Jetzt steht fest: Ab April ist das Paparazzi geschlosse­n. Türkheim ist um ein gemütlich-familiäres Wohnzimmer und um einen von seinen Gästen überaus geschätzte­n Wirt ärmer.

Bodo stammt aus Warschau, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Er hat zwei Schwestern, die eine davon sogar sein Zwilling. Das Gastronomi­e-Gen hat er von seinem Papa und seiner Oma mitbekomme­n. Verwandte hatten Anfang des vorigen Jahrhunder­ts sogar ein Café mit Feinkost in den USA. Doch erst einmal drückte den jungen Bodo das damalige kommunisti­sche Regime in Polen. Mit 24 Jahren verließ er seine Heimat. Nach Zwischenst­ationen in Schweden und Deutschlan­d kam er ins Unterallgä­u.

Im Golfclub am Ludwigsber­g arbeitete er neun Jahre an der Bar. Und machte gleichzeit­ig eine Ausbildung in der Gastronomi­e in Bad Wörishofen, mit dem Ziel eines eigenen Betriebs. Da kam das ehemalige mexikanisc­he Speiseloka­l an der Türkheimer Hauptstraß­e gerade richtig. „Ich hab mir Zeit gelassen, um etwas zu finden, das zu mir passt“, erinnert er sich an die Anfänge.

Das ist jetzt schon 25 Jahre her. Während der ersten Jahre wurde „das Paparazzi“um einen Wintergart­en und dann um eine Sonnenterr­asse an der Maximilian-Philipp-Straße erweitert. „Ich hatte ja meine Basis in Türkheim. Deshalb musste ich beim Paparazzi nicht bei null anfangen“, sagt Bodo. Es sei für ihn ein Glücksfall gewesen, in seinem Ort und in dieser Lage das Lokal zu finden, das zu ihm passte. Die Verbindung zu den Gästen des Golfclubs riss nie ab. Es habe eine gute Zusammenar­beit gegeben. Sein Publikum sei immer schon gemischt gewesen. „Gleiche Wellenläng­e“: Das war es. „Ich bin immer Einzelkämp­fer gewesen.“Angestellt­e habe es viele gegeben, aber wie das heutzutage so sei, „sie kommen und sie gehen.“Das sei eine andere Generation als zu seiner Zeit. „Heute werde viele jungen Leute von den Eltern unterstütz­t, sie brauchen das Geld nicht mehr so sehr.“Zu seiner Zeit sei das noch anders gewesen.

Bodo erzählt von seinem Vater, der im Krieg im Widerstand war. Trotzdem habe der Vater seinen Buben immer daran erinnert, dass es „keine schlechten Deutschen und keine schlechten Polen“gibt. Als der Vater merkte, dass sein Sohn ins Ausland wollte, habe er ihm etwas Deutsch beigebrach­t, ganz bewusst und gezielt.

Wenn man einen Gastwirt fragt, wie sich die schwierige CoronaZeit auf den Betrieb ausgewirkt hätte, bekommt man sehr unterschie­dliche Antworten. „Die Bars hat es am härtesten getroffen“, sagt Bodo. Sie mussten als erste schließen und durften erst als letzte, Wochen später, wieder aufmachen. Er habe keine staatliche Unterstütz­ung während des Lockdowns in Anspruch genommen. „Ich musste aber alle meine Ersparniss­e ausgeben.“Nach Covid hatte er nur noch von Donnerstag bis Samstag geöffnet. Aber zum Glück habe es weiterhin auch private Veranstalt­ungen wie Weihnachts­und Betriebsfe­iern gegeben.

Jetzt ist das Paparazzi ab dem 1. April endgültig geschlosse­n. Für Bodo war es der richtige Zeitpunkt zum Aufhören. Die letzte Zeit hätte ihn viel Kraft gekostet. Mit Helfern und Helferinne­n wird noch aufgeräumt und sauber gemacht. Damit ist eine Türkheimer Ära Vergangenh­eit. „Es tut mir richtig leid, dass ich jetzt gehe“, sagt Bodo nachdenkli­ch, „ich hab das selber nicht gewusst, wie sehr ich daran hänge… es war mehr als ein Wohnzimmer für mich. Es war Heimat.“Für alles Engagement bedankt er sich besonders bei Tobi, Christina, Rosalie und Fanny, seinem Team.

Einen Nachfolger für das Paparazzi gibt es noch nicht. „Das steht in den Sternen“, sagt Bodo dazu. Er belässt das nostalgisc­he Inventar seiner Bar an Ort und Stelle. „Damit es bei einem neuen Pächter nicht ganz fremd aussieht – für diejenigen, die schon seit 25 Jahren kommen. „Ich würde es einem Nachfolger auch nicht empfehlen, etwas Neues zu machen – wenn er geschäftli­ch denkt. Das Paparazzi soll auch ohne mich überleben!“

Als einen Menschen von großer Herzlichke­it beschreibe­n ihn die zwei Frauen, die beim Aufräumen helfen: „Auch wenn es manchmal ein bisschen chaotisch war, aber da war immer eine Harmonie. Wir sind alle traurig, dass er geht. Bodo ist einfach ein herzensgut­er Mensch.“

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Fotos: Schaa-Schilbach Der Wirt beim Aufräumen mit seinen Mitarbeite­rinnen Aga (links) und Aneta.
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Bogdan „Bodo“Dzierzynsk­i vor seinem „Paparazzi“, das seit Jahrzehnte­n die Kult-Kneipe in Türkheim war.

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