Mindelheimer Zeitung

Gibt es Wölfe im Allgäu? Zahlen, Daten und Fakten

Nachdem ein Wolf drei Schafe im Ostallgäu gerissen hat, ist die Sorge bei Landwirten groß. Jetzt wird bekannt: Im Ostallgäu wurde auch ein Wildtier gerissen.

- Von Tobias Schuhwerk

Wie viele Wolfsrisse gab es seit Jahresbegi­nn im Allgäu?

Zwei Fälle sind beim zuständige­n Landesamt für Umwelt (LfU) dokumentie­rt. Der Riss von drei Schafen in Honsolgen bei Buchloe vor wenigen Tagen sowie ein Wildtierri­ss Anfang Februar im Ostallgäu. Für letztgenan­nten Fall liegt erst seit Kurzem das LaborErgeb­nis vor. Ob es der gleiche Wolf war, das sollen weitere Analysen zeigen. Über den genauen Ort von Wolfsrisse­n macht das LfU übrigens keine Angaben. Man wolle die betroffene­n Halter nicht ungewollt, einer „möglicherw­eise folgenden medialen Präsenz aussetzen“. Noch nicht fest steht laut LfU das Ergebnis einer Analyse nach einem Wildtierri­ss in Oberstdorf.

Wie viele Wölfe gibt es im Allgäu?

Bislang ist den Behörden nur ein „standorttr­euer Wolf“bekannt. Und zwar ein Rüde mit dem Behörden-Stempel GW999m. Er wird im Allgäuer Alpenraum verortet. Darüber hinaus sollen schon mehrmals Wölfe durch das Allgäu gezogen sein. Ein Rudel hat sich laut LfU bislang nicht angesiedel­t.

Können die Wölfe abgeschoss­en werden?

Grundsätzl­ich gilt: Der Wolf ist streng geschützt, unter anderem durch das Europarech­t. Ein Abschuss kommt laut Bundesumwe­ltminister­ium nur infrage, wenn sich Wölfe auffällig gegenüber Menschen verhalten. „Dies gilt auch für Wölfe, die wiederholt empfohlene Herdenschu­tzmaßnahme­n überwunden haben und die Gefahr besteht, dass sie hohe wirtschaft­liche Schäden anrichten.“Seit Dezember ist in Gebieten mit erhöhtem Rissaufkom­men bereits nach erstmalige­m Überwinden des zumutbaren Herdenschu­tzes und dem Riss von Weidetiere­n durch einen Wolf eine Abschussge­nehmigung möglich. Diese ist auf 21 Tage nach dem Riss begrenzt und die Entnahme im Umkreis von bis zu 1.000 Metern. Die Voraussetz­ungen für einen Abschuss sind im Einzelfall durch die zuständige Behörde vor Ort zu prüfen. Ein „rein präventive­r Abschuss“ist nach europäisch­em Recht nicht möglich.

Bekommt ein Bauer Entschädig­ung bei einem Wolfsriss?

Ja, sofern es einen eindeutige­n Wolfsnachw­eis gibt. Voraussetz­ungen für eine Zahlung sind vor allem eine Dokumentat­ion des Fundes und der Begleitums­tände durch ein Mitglied des „Netzwerks Große Beutegreif­er“sowie, dass ein Veterinär den Tierkörper untersucht. Entschädig­ungen gibt es nur für Nutztiere wie Schafe, Kälber oder Kühe – nicht für Wildtiere, wie Hirsche oder Rehe.

Wie kann man Weidetiere vor Wölfen schützen?

Staatliche Förderunge­n gibt für Herdenschu­tzzäune sowie für Herdenschu­tzhunde in Gebieten mit standorttr­euen Wölfen mit einem Radius von 30 Kilometern. Nach einem aktuellen Wolfsriss – wie jetzt in Honsolgen – werden sogenannte „Ereignisge­biete“mit einem Radius von zehn Kilometern ausgewiese­n. Aktuell schließt dieser laut LfU zum Beispiel

Buchloe, Lamerdinge­n und Waal ein.

Was macht den Wolf speziell in den Bergen so umstritten?

Weil er von den Alphirten auf den Alpweiden gefürchtet ist. Ein Wolf kommt dort leicht an Beute. An einem steilen Berg beispielsw­eise kann kein Herdenschu­tzzaun angebracht werden. Auch gibt es (meistens) keinen Stall. Dieses Problem hat die Politik erkannt: Die

Weideschut­zkommissio­n prüft im Freistaat, ob es zumutbar ist, ein Weidegebie­t zu zäunen. Für etliche Bereiche im Allgäu ist es dies ihrer Einschätzu­ng nach nicht. Das bedeutet: Die Landwirte erhalten dort bei einem Wolfsriss Ausgleichs­zahlungen, ohne dass sie Herdenschu­tzmaßnahme­n nachweisen müssen.

Was muss ich beachten, wenn ich einem Wolf begegne?

Seit der Rückkehr des Wolfs nach Deutschlan­d vor über 20 Jahren gab es keine Übergriffe von Wölfen auf Menschen, betont das Umweltbund­esminister­ium. „Der Wolf reagiert auf den Anblick von Menschen vorsichtig, ergreift aber nicht immer sofort die Flucht. Oft zieht sich das Tier langsam und gelassen zurück“, teilt das LfU mit. Es rät zu Respekt vor den Tieren: „Laufen Sie nicht weg. Wenn Sie mehr Abstand möchten, ziehen Sie sich langsam zurück.“Mit lautem Sprechen könnte der Abstand zum Wolf vergrößert werden.

Im Vorjahr wurde auch ein Bär im Hinterstei­ner Tal gesichtet. Bären-Nachweise gab es auch im Bezirk Reutte. Was ist daraus geworden?

Weitere Spuren eines Bären hat es seit der Sichtung im Frühjahr 2023 nicht mehr gegeben. Auch im Bezirk Reutte gab es seit Monaten keine Spuren mehr. „Das kann aber auch daran liegen, dass der oder die Bären noch halb im Winterschl­af sind“, sagt Bezirksjäg­ermeister Martin Hosp.

Welche Rolle spielen Hunde bei den Tierrissen?

Jäger und Bauern appelliere­n, die Vierbeiner im Wald und auf Wiesen an die Leine zu nehmen. Laut Bund Naturschut­z werden die meisten Risse in Bayern von Hunden begangen.

 ?? Foto: Alexander Heinl, dpa (Symbolfoto) ?? Nach dem Riss von Schafen in Honsolgen wird über den Wolf im Allgäu diskutiert.
Foto: Alexander Heinl, dpa (Symbolfoto) Nach dem Riss von Schafen in Honsolgen wird über den Wolf im Allgäu diskutiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany