Klärungsbedarf bei der Kläranlage
Trübe Aussichten für die alte Anlage in Mittelneufnach: Entweder baut die Gemeinde aus dem Kreis Augsburg eine eigene – oder die Nachbarn aus Markt Wald machen gemeinsame Sache. Doch das kostet.
MarktWald/Mittelneufnach Klar ist: Die Gemeinde Mittelneufnach braucht dringend eine Lösung für die Klärung des Abwassers, das die rund 1100 Einwohner hinterlassen. Schon 2026 läuft die Genehmigung der Mittelneufnacher Kläranlage aus, die Anlage ist in mehrfacher Hinsicht dringend sanierungsbedürftig. Klar ist auch: Die Gemeinde Markt Wald hat eine funktionierende Kläranlage, um das Dreckwasser der rund 2400 Bürgerinnen und Bürger zu klären. Die wasserrechtliche Genehmigung für die Markt Walder Anlage läuft noch 15 Jahre. Eine Kooperation der Nachbargemeinden bei der Abwasserentsorgung wäre dennoch möglich. Unklar ist: Könnte es für Markt Wald und seine Verbraucher langfristig sogar lukrativ sein, wenn die Gemeinde jetzt Geld in die Hand nimmt und dieses Geld dann langfristig über die höheren Gebühren aus Mittelneufnach wieder zurückbekommt? Das will Bürgermeister Christian Demmler jetzt genau kalkulieren, ehe im Sommer endgültig entscheiden wird.
Schon jetzt beschäftigt sich jetzt der Markt Walder Gemeinderat mit der Frage, ob eine Investition in die gemeindeeigene Kläranlage getätigt werden sollte. Schon zur Amtszeit von Bürgermeister Peter Wachler (CSU) war mit der Mittelneufnacher Bürgermeisterin Cornelia Thümmel offenbar eine Kooperation der beiden Nachbargemeinden angedacht worden. Vorteil für Markt Wald: Eine gemeinsame Kläranlage würde auch der Unterallgäuer Gemeinde auf viele Jahre hinaus Planungssicherheit bringen und könnte langfristig Kosten sparen. Vorteil für Mittelneufnach: Die Gemeinde im Nachbarlandkreis Augsburg müsste nicht die gesamten Investitionskosten allein schultern. Um wie viel Geld es dabei geht, erfuhren die Markt Walder Gemeinderätinnen und Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung. Der von der Gemeinde Mittelneufnach beauftrage Planer Dipl.-Ing. Jörg Nickel vom Planungsbüro Wegener & Hinz GmbH (Berlin) stellte in Markt Wald seine Konzeptplanung vor.
Nicht nur der ausführliche Vortrag und das theoretische „FachChinesisch“brachten manchen Gemeinderat an die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit. Auch der im Januar neu gewählte Bürgermeister Christian Demmler (CSU) musste nach dem mehr als einstündigen Vortrag zugeben: „Das war sehr viel Input, den wir selber auch erst aufarbeiten müssen.“Einen Beschluss musste sein Gemeinderat zwar noch nicht treffen – aber allzu lange Zeit für eine Entscheidung können sich die Markt Walder auch nicht gönnen, da den Nachbarn in Mittelneufnach das Thema Kläranlage auf den Nägeln brennt.
43 Grafiken präsentierte Kläranlagen-Experte Jörg Nickel in seinem „Sachstandsbericht“zur Vorplanung der Neuordnung der Abwasserbehandlung der Gemeinden Mittelneufnach und Markt Wald. Was für den Ingenieur zum Alltag gehört, war für manchen am Markt Walder Ratstisch doch sehr schwer verständlich. Fachbegriffe wie „Nund P-Elimination“, diskontinuierlicher Wasserablauf, oder „Fugatspeicher für mobile Schlammentwässerung“– um nur einige zu nennen – stellten selbst erfahrene Kommunalpolitiker vor eine harte Gedulds- und Verständnisprobe.
Kurz zusammengefasst blieben folgende Erkenntnisse aus dem Vortrag: Die Kläranlage in Mittelneufnach ist 46 Jahre alt, der bauliche Zustand ist schlecht, die Reinigungsleitung ist limitiert, durch die bevorstehende Verschärfung der Grenzwerte läuft die wasserrechtliche Genehmigung aus.
Dagegen ist die Kläranlage der Gemeinde Markt Wald im Ortsteil Oberneufnach aus dem Jahr 1992/93 gut in Schuss, der bauliche Zustand ist gut, die Infrastruktur vorhanden und ausbaufähig und die wasserrechtliche Genehmigung habe „noch 15 Jahre Bestand“so der Planungsingenieur.
Für eine „Neuordnung“der Abwasserbehandlung schlägt der Planer zwei Varianten vor: Variante eins wäre ein Neubau der Kläranlage in Mittelneufnach. Eine Ertüchtigung mit einem Ersatzneubau durch eine SBR-Anlage (Sequenzielle Biologische Reinigung) würde demnach rund 4,4 Millionen Euro kosten. Vorteil: Der Umbau wäre im laufenden Betrieb möglich und für langfristige Entsorgungssicherheit sorgen. Als Nachteil nennt der Planer „hohe Investitionskosten“und wesentlich höhere Betriebskosten als in Variante zwei, die eine Druckleitung zur Kläranlage Markt Wald/Oberneufnach und einer Kapazitätserweiterung dieser Kläranlage vorsieht. Hier sieht der Ingenieur „niedrigere Investitionskosten“und niedrigere Betriebskosten als Vorteile. Nachteil sei, dass dann eine Zweckvereinbarung der Gemeinden Markt Wald/Mittelneufnach erforderlich sei, die Trassenführung der Druckleitung durch den Verlauf der Staudenbahn „Unsicherheiten“biete und dadurch das Genehmigungsverfahren kompliziert werden könnte.
Enorme Unterschiede daher auch bei den Kosten: Die Variante eins würde unterm Strich rund 4,4 Millionen Euro kosten, auf die Gemeinde Mittelneufnach würde dann eine Investitionssumme von rund 3,5 Millionen Euro entfallen, Markt Wald müsste „nur“gut 900.000 Euro drauflegen. Bürgermeister Demmler weist aber auch darauf hin, dass seine Gemeinde in jedem Fall in die Kläranlage der Gemeinde investieren muss – rund 900.000 Euro werden da fällig, die aber auf mehrere Jahre hinaus verteilt werden könnten.
Die Variante zwei mit einer Druckleitung aus Mittelneufnach und der Kapazitätserweiterung der Kläranlage in Oberneufnach würde mit insgesamt knapp 3,3 Millionen Euro zu Buche schlagen, dann müsste Mittelneufnach 1,45 Millionen übernehmen und Markt Wald 1,85 Millionen Euro.
Mächtige Investitionen, die angesichts der in Markt Wald bereits fix geplanten Projekte zur Unzeit kommen. Denn neben dem Feuerwehrhaus (4,7 Millionen Euro) hat die Gemeinde Markt Wald noch weitere Projekte anstehen: Die Sanierung Adlersaal (370.000 Euro) und die energetische Sanierung der Christoph-Scheiner-Grundschule (850.000 Euro) und des Kindergartens (Kosten noch unklar) stehen unter anderem bereits auf der Agenda der Markt Walder Kommunalpolitik.
Bis zum Sommer will Markt Walds Bürgermeister Christian Demmler jetzt alle Vor- und Nachteile abwägen und vor allem mit spitzer Feder nachrechnen, welche Gebühren die Nachbarn aus Mittelneufnach bei einer gemeinsamen Kläranlage zahlen müssten. Neben der Planungssicherheit hätte Markt Wald dann nämlich die Möglichkeit, seine Investitionskosten zum Teil über diese Gebühren wieder zurückzuholen. Einkalkuliert werden müssen auch die (steigenden) Kosten für Energie und Personal, die dann für beide Gemeinden bei einer gemeinsamen Kläranlage entsprechend billiger werden könnten. Zwei Monate, so Demmlers Schätzung, werde es schon dauern, bis er seinem Gemeinderat eine Beschlussvorlage mit konkreten Zahlen vorlegen kann.