Kneipp-Experiment: Schulkinder nach Armbad konzentrierter
Die Vier-Wochen-Challenge der Klasse 4D an der Pfarrer-Kneipp-Grundschule Bad Wörishofen zeigt, wie man Kneipp im Unterricht anwenden kann.
In den Tag von Viertklässlern muss so einiges hineinpassen: Unterrichtsstoff, Hausaufgaben und Proben fordern die Buben und Mädchen – da geht nichts über Konzentration und einen kühlen Kopf! Aber wie findet sich noch Platz dafür in einem prall gefüllten Stundenplan? Für Carolina Reiber stellt sich diese Frage gar nicht. Sie ist Klassleiterin der 4D der PfarrerKneipp-Grundschule in Bad Wörishofen und schätzt „Kneipp“nicht nur als Namensbestandteil. Doch wie ist es, wenn man gezielt jeden Tag die gleiche Kneippanwendung macht? Spürt man, dass sich etwas verändert? Denn es heißt ja immer, dass die Regelmäßigkeit wichtig ist. Die Klasse 4D wollte es wissen und startete das Kneipp-Experiment: Vier Wochen lang jeden Tag ein Armbad, das soll die Konzentration fördern. Das Ergebnis war klar.
Gerade die „oberen“Wasseranwendungen nach Kneipp sind nach Einschätzung des Kneipp-Bundes ideal für die Herausforderungen der Schulkinder –konzentrationsfördernd, ausgleichend, aktivierend, erfrischend. In der Grundschule sind Wasseranwendungen, gesunde Pause und Bewegung sind immer wieder Teil des Schultags, soweit es das Pensum zulässt. Seit 2017 ist die Schule vom KneippBund zertifiziert und bietet immer wieder gesunde Impulse, wie die Kneippwochen im Sommer. Für die Bad Wörishofer Schülerinnen und Schüler ist das normal. Viele kennen Wassertreten und Co. bereits aus der Kindergartenzeit. Denn in den meisten Wörishofer Kitas lernen sie schon früh die Kneippschen Elemente Wasser, Ernährung, Bewegung, Heilpflanzen und Lebensordnung kennen.
Doch wie ist es, wenn man gezielt jeden Tag die gleiche Kneippanwendung macht? Das wollten die Kinder jetzt wissen. Dazu bekam die Klasse Besuch vom Stamm-Kneipp-Verein. Claudia Sachon brachte Armwannen, ein Plakat und jede Menge Tipps mit in die Schule. Und natürlich auch ein paar Fragen. Denn es gibt einiges, was die 28 Buben und Mädchen bereits über das Armbad wissen. Carolina Reiber hat sie im Unterricht auf das Projekt vorbereitet. Sie wissen, dass Arme und Hände vor dem Armbad schön warm sein sollen. Wenn sie das nicht sind, dann werden sie so lange bewegt, bis sich eine angenehme Wärme ausbreitet. Und wer sich mal nicht gut fühlt, der darf natürlich aussetzen. Für jeden Tag gibt es einen Armwannen-Dienst, der sich darum kümmert, dass das Wasser frisch aufgefüllt wird und alles passt. So hat nicht nur die 4D etwas vom Kneipp-Experiment, sondern auch die anderen Klassen. Denn auch sie dürfen die Armwannen nutzen.
Vor der ersten Anwendung dürfen alle in sich hineinspüren und in einem Fragebogen ankreuzen, wie sie sich gerade fühlen. Dann heißt es, Stift beiseitelegen und Ärmel hochkrempeln. In drei Reihen geht die Wartezeit schnell vorbei und kann gut zum Aufwärmen genutzt werden. Erst den rechten Arm, dann den linken hinterher und schön im Wasser bewegen, bis der Kältereiz unangenehm wird. Dann die Arme aus dem Wasser nehmen, die Nässe von den Armen abstreifen und die Hände in den Nacken legen. Eine echte Erfrischung – und zudem eine Überraschung. Denn Claudia Sachon lässt die Kinder mal ganz genau auf die Arme schauen. Die Haut wird rötlich und trocknet wie von Zauberhand. „Da könnt ihr sehen und spüren, was das kalte Wasser mit unserem Körper macht. Der Kältereiz sorgt für eine gute Durchblutung und dann für eine schöne Erwärmung“, erklärt Sachon. Das spüren die Buben und Mädchen sofort. Und was verändert sich, wenn man das täglich macht? Das werden die nächsten vier Wochen zeigen.
Kurz vor den Ferien bekommt die 4D erneut Besuch. In der Aula der Schule stehen die Armwannen und die Kinder im Halbkreis um sie herum. Zeit für einen Rückblick. Wie waren die letzten vier Wochen? Wie geht es den Jungen und Mädchen aus der 4D? Was sind ihre Erfahrungen mit dem täglichen Armbad? Das haben die Kinder in einem Fragebogen festgehalten. Der Großteil hat die Frage nach der Wirkung mit „toll“und „sehr gut“beantwortet. Und warum? „…weil ich vor den Proben ruhiger wurde und mich besser konzentrieren konnte“zum Beispiel oder „… weil es mich aufgeweckt hat“. Und auch die kritischen Stimmen durften hier ihre Erfahrungen teilen: „… weil wir danach ab und zu leiser waren, aber nur ab und zu“schrieb ein Junge in seiner Bewertung und ein anderer fand das tägliche Armbad „mittelmäßig, weil er danach immer eine Gänsehaut hatte“. An diesem Punkt kann Claudia Sachon ihm und den anderen noch etwas mit auf den Weg geben: „So zeigt dir dein Körper, dass er auf das kalte Wasser reagiert. Bei einer Gänsehaut können wir unserem Körper mit Bewegung helfen wieder warm zu werden“, erklärt sie. Und Carolina Reiber? Welche Beobachtungen hat die Klassenlehrerin in den vier Wochen gemacht? Sie hat das Armbad mit ihrer Klasse zu unterschiedlichen Zeiten gemacht. Mal morgens vor dem Unterricht, mal nach der Pause, mal vor der letzten Schulstunde.
Die Beobachtungen haben eine unterschiedliche Wirkung der Anwendung zu den verschiedenen Zeiten gezeigt. Für den Montagmorgen war es ein guter Wecker für müde Kandidaten. Vor Proben hat das Armbad sowohl aktiviert als auch beruhigt, so dass viele mit einem besseren Gefühl in die Prüfung gehen konnten. Und vor der sechsten Stunde hat das kühle Wasser bei so Manchem noch ein paar Reserven hervorgelockt. Die vier Wochen haben auch andere Klassen und Lehrkräfte genutzt, um die Kneippsche Anwendung für sich zu entdecken und die Wirkung zu testen .Caroline Reiber hofft, ihrer Klasse mit Kneipp die anspruchsvollen Wochen bis zum Übertritt ein wenig erleichtern zu können.