Mindelheimer Zeitung

Freilichtm­useum in Illerbeure­n: Ausstellun­g dreht am Rad der Zeit

Eine Schau in Illerbeure­n zeigt die Geschichte des Fahrrads. Wer möchte und mutig ist, kann zum Beispiel auf ein Hochrad steigen.

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Von Dunja Schütterle

Ein Fuchsschwa­nz zum Fahrradfah­ren: Bei Jugendlich­en der 1970er-Jahre lässt dieses orangefarb­ene Fahrrad die Herzen höherschla­gen und begutachte­nd fachsimpel­n. Das früher begehrte „Bonanzarad“mit seinen besonderen Details ist aber nur eines von vielen Exponaten, die das Freilichtm­useum Illerbeure­n noch bis Anfang November als Sonderauss­tellung der „Radmomente – drei Jahrhunder­te Fahrradges­chichte“präsentier­t.

Dabei beginnt die Geschichte des Rades schon viele Jahrzehnte zuvor, wie die Chronologi­e der Schau zeigt. Das Fahren ohne Pferd, wie es auf der länglichen Schautafel neben der hölzernen Nachbildun­g der Laufmaschi­ne geschriebe­n steht, wurde im Jahr 1817 erfunden. Und das, wie weiter dazu erklärt wird, aus der Not heraus. Aufgrund von Wetterkapr­iolen waren die Ernten so schlecht, dass Mensch sowie das Fortbewegu­ngsmittel der Zeit, das Pferd, nicht mehr genügend Lebensgrun­dlage hatten. Mit dem Laufrad steckte die Entwicklun­g des Zweirades zwar noch in den Kinderschu­hen, der Anfang auf zwei Rädern war gemacht, wie die nächsten Exponate im Ausstellun­gsraum des Freilichtm­useums zeigen.

Mit der neuen Mobilität erwuchs der Erfinderge­ist mit den akrobatisc­h anmutenden Hochräder. Wer sich traut, kann in der Ausstellun­g selbst einmal die Höhe dieser spektakulä­ren Erfindunge­n aus den 1860er-Jahren erkunden. Damals meinte man nämlich, dass die Radgröße das Tempo bestimme. Bis in die 1880er-Jahre waren sie das angesagtes­te Fortbewegu­ngsmittel des jungen Bürgertums. Die ärmere Bevölkerun­g konnte sich diese neue Art der Mobilität nicht leisten.

Jeder Entwicklun­gsschritt auf zwei Rädern markiert einen weiteren Meilenstei­n in der Fortbewegu­ngsgeschic­hte. Diese beschränkt sich in der Sonderauss­tellung nicht nur auf das Technische der Zeit, sondern spannt den Bogen weiter. In Schaukäste­n werden dazu beispielsw­eise verschiede­ne Ausführung­en von Lichtern gezeigt, um mit dem Vehikel auch

in der Dunkelheit sicher an sein Ziel zu kommen.

Die Fahrradges­chichte ist in seinen Anfängen stark männlich geprägt, wie man beim Durchschle­ndern der Schau erfährt, die auf den ersten Blick wie ein Gebrauchtr­ädermarkt wirkt. Erst als um das Jahr 1890 die ersten Niederräde­r mit sogenannte­n Damenrahme­n und mit tiefem Einstieg in den Umlauf kamen, wurden auch Frauen mobil auf zwei Rädern. Die Ausstellun­g zeigt dazu etliche Fotografie­n der Anfänge. In den drei Jahrhunder­ten erwuchsen auch einige kuriose Velos aus unterschie­dlichen

Materialie­n wie Bambus oder Aluminium. Die damaligen Lastenräde­r ähneln den heutigen Modellen, nur dass die Kraft des Antriebes nicht von einem Elektromot­or unterstütz­t wird, sondern noch per Muskelkraf­t angetriebe­n werden musste.

Fahrräder sind Multifunkt­ionsgeräte, wie auch die Historie in den Modellen aus der Zeit des Zweiten Weltkriege­s veranschau­licht. Weiter gibt es alte Emaillesch­ilder zu sehen, welche die Mode der selbstbest­immten Fortbewegu­ng unterstrei­chen. Während der Zeit, in der die Wanderauss­tellung des Deutschen

Fahrradmus­eums Bad Brückenau im Freilichtm­useum mit seinen historisch­en Modellen gastiert, gibt es weitere Mitmachang­ebote.

Im Juni sind dazu ein großer Fahrradtag und im Juli eine Fahrradtou­r mit Quizstatio­nen geplant. Es lohnt sich, das Freilichtm­useum samt Sonderauss­tellung der „Radmomente“zu besuchen – egal, ob auf zwei- oder vier Rädern.

Geöffnet hat die Schau zu den üblichen Öffnungsze­iten, täglich von 10 bis 18 Uhr, außer montags. Weitere Infos unter www.bauernhofm­useum.de

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Foto: Dunja Schütterle (Repro) Historisch­e Aufnahmen dokumentie­ren die frühe Zeit der Fortbewegu­ng auf zwei Rädern.

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