Cannabis-Kontrollen: Viele offene Fragen für die Polizei
Ein Allgäuer Polizeisprecher nennt Beispiele und fordert deutlichere Regeln. Bringen erst Gerichtsurteile eine Klärung?
Die Freigabe von Cannabis greift seit Monatsanfang, doch selbst für die Polizei gibt es noch offene Fragen: In einer Reihe von Fällen sei derzeit nicht klar, wie das Gesetz in der Praxis umgesetzt werden soll, sagt Holger Stabik, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West: „Wir wünschen uns hier entweder klarere Regelungen oder Gerichtsurteile werden eine Klärung bringen.“Dennoch hat die Polizei mit den Kontrollen begonnen, „CannabisHotspots“haben sich laut Stabik im Allgäu aber noch nicht gebildet.
Der Polizeisprecher nennt ein Beispiel für einen Fall, der rechtlich noch nicht geklärt ist: „Jeder darf drei Pflanzen anbauen, muss sie aber vor dem Zugriff Dritter schützen. Wie aber kann ein Vater etwa seine Kinder schützen, wenn die Pflanzen frei zugänglich in einem Zimmer stehen?“Für die Beamten stelle sich die Frage, wie sie damit umgehen, wenn sie in einer Wohnung ermitteln und auf eine solche Situation treffen. Oder es handelt sich um eine Wohngemeinschaft: „Angenommen, es gibt drei Bewohner und jeder hat drei Pflanzen angebaut. Dann hat doch eigentlich jeder den Zugriff auf neun Pflanzen und es liegt ein Verstoß vor. Die Frage, die dahintersteckt: Wie lebensnah ist eine solche Regelung?“Und es geht noch weiter: „Jeder darf zu Hause bis zu 50 Gramm Cannabis aufbewahren. Alles, was er über diese Menge hinaus erntet, muss eigentlich vernichtet werden. Aber wie realistisch ist das?“, fragt Stabik. Und wenn der Betreffende den Überschuss tatsächlich entsorgt: „Wirft er das Cannabis in die Mülltonne, ermöglicht er möglicherweise Dritten den Zugriff, was ja wiederum verboten ist.“Auch die Einführung der sogenannten „Konsumverbotszonen“, beispielsweise vor Schulen und Kindergärten, bietet Raum für Interpretationen. Stabik spielt hier ebenfalls einen möglichen Fall durch: „Jemand ist Beifahrer in einem Auto und raucht bei offenem Fenster einen Joint. Die Fahrt führt an einer Kita vorbei. Ist das nun ein Verstoß oder kann sich der Betreffende darauf berufen, dass er als Beifahrer ja nicht für die Fahrtroute verantwortlich ist?“Auch hier werde man wohl abwarten müssen, bis das erste Urteil gesprochen ist.