„Sie wachen dort oben über uns“
Die Franziskanerinnen gehören seit der Gründung des Buchloer Krankenhauses vor 70 Jahren fest dazu. Sie leben sogar dort.
Im Buchloer Krankenhaus St. Josef gibt es einen besonderen, einen scherzhaften Spruch: „Sie sitzen dort oben und wachen über uns.“Mit „sie“sind die Schwestern der Dillinger Franziskanerinnen gemeint. Heute noch, 70 Jahre nach Gründung von St. Josef, leben sechs Ordensfrauen im Konvent des Krankenhauses. Der befindet sich „oben“, im dritten Stock des Gebäudes.
„Die Schwestern gehören bei uns ganz selbstverständlich mit dazu“, sagt Klinikleiter Ralf Kratel – und das meint er nicht scherzhaft, sondern ganz ernst. Denn die Dillinger Franziskanerinnen gründeten 1954 nicht nur das Haus, sondern hielten es über viele Jahrzehnte auch am Laufen.
Noch heute verrichten die sechs Ordensschwestern kleinere Dienste – sofern es ihre Gesundheit zulässt. So ist Schwester Magdalena beispielsweise noch immer in der Krankenhaus-Seelsorge aktiv. Die Kommunion für Kranke, die Krankensalbung oder guter Zuspruch für Patienten und deren Angehörige gehören zu ihren Aufgaben.
Seit 1960 lebt die 82-Jährige im Konvent von St. Josef. Vor allem beim Röntgen, in der Endoskopie oder im Labor war sie früher im Einsatz. Schwester Magdalena hat viele Ärzte und Schwestern, Patienten und Besucher kommen und gehen gesehen. Noch heute hat sie viele Zahlen und Namen messerscharf parat: den ersten Chefarzt etwa, Dr. Brack, der ging, als sie kam; dessen Nachfolger Dr. Franz Gutekunst, der 26 Jahre lang zusammen mit Dr. Anton Roth das Krankenhaus prägte; oder Dr. Ernst Stephan und Dr. Ambros Ablasser, die viele Jahre lang die Klinik leiteten und deren Renommé weit über Buchloe bekannt war. „Wir waren immer etwas draufgängerisch und wussten: Wir brauchen etwas mehr, als die Krankenhäuser der Umgebung“, sagt Schwester Magdalena. Aktuell sei dies mit der Neuausrichtung der Kardiologie wieder gelungen.
St. Josef war und ist ihr Leben. Auch das von Oberin Schwester Irmgard. Sie kam 1970 nach Buchloe. „Damals waren wir 55 Ordensschwestern“, erzählt sie. Die erste weltliche Schwester, Ida Schromm, war 1969 hinzugestoßen. Gemeinsam hielten die Frauen den Betrieb in der Klinik am Laufen – egal ob in der Pflege der Patienten, in der Krankenpflegeschule, in der Küche, in der Näherei, in der Wäscherei oder in der eigenen kleinen Landwirtschaft – die Schwestern waren nicht wegzudenken. „Auf die Uhr wurde damals nicht geschaut“, erzählt Schwester Irmgard: „Zweimal zwei Wochen Urlaub pro Jahr, das war’s.“
Sie selbst war in der Anästhesie und in der Ambulanz tätig; über zehn Jahre lang war sie für chirurgische Narkosen zuständig. „Dann kam 1986 mit Dr. Wörmann der erste Anästhesist.“Lediglich von 2001 bis 2011 unterbrach die Oberin ihren Aufenthalt in Buchloe und übernahm für zehn Jahre die Heimleitung des Altenheims der Franziskanerinnen am Stammsitz in Dillingen. Dort leben inzwischen einige ihrer Mitschwestern. Denn der Buchloer Konvent hat einen Nachteil: Er ist nicht behindertengerecht ausgebaut. Und für manch betagte Schwester wurde das Leben im dritten Stock mit den Jahren zu beschwerlich.
Diejenigen, die nach wie vor dort wohnen kümmern sich so gut es geht um ihren eigenen Haushalt. Daneben organisieren sie die tägliche Messe in der Hauskapelle und den wöchentlichen Gottesdienst in der Krankenhaus-Kapelle. Dass religiöses Leben in St. Josef stattfindet, ist den Frauen wichtig. „Da hat sich leider vieles geändert und es ist weniger geworden“, bedauern beide.
Als „ganz bittere Zeit“bezeichnen die Franziskanerinnen jene um das Jahr 2001. Damals war der Deutsche Orden, der vier Jahre vorher die Klinik übernommen hatte, zahlungsunfähig geworden. „Uns fehlte der Nachwuchs. Wir setzten großes Vertrauen in den Deutschen Orden und hofften, er führt das Krankenhaus in eine gute Zukunft“, sagt die Oberin. Doch die Hoffnung erfüllte sich nicht. Der Landkreis sprang in die Bresche. „Die Buchloer kamen damals sogar vorbei und brachten Lebensmittelspenden“, erzählt Schwester Magdalena. Auch an „die vielen älteren Leute, die für uns demonstrierten“erinnert sie sich noch gut.
„Von den Patienten bekommen wir immer wieder das Feedback, dass unser Haus gerade durch die noch immer spürbare christliche Prägung etwas Besonderes ist“, berichtet der Klinik- und Pflegedienstleiter, Ralf Kratel. Der 56-Jährige ist stolz auf dieses Alleinstellungsmerkmal, das auch immer wieder als „der gute Geist von St. Josef“bezeichnet wird. Und solange es ihnen möglich ist, wollen die Schwestern im Konvent über diesen „guten Geist“wachen – vom dritten Stock aus.