Mindelheimer Zeitung

Richtiges Atmen kann bei Gesundheit­sproblemen helfen

Die Gesundheit­stage Bad Wörishofen liefern Tipps und Übungen für Menschen, die einmal richtig durchatmen wollen.

- Von Kathrin Elsner

Bad Wörishofen Atmen ist eine Selbstvers­tändlichke­it, der man bei Beschwerde­losigkeit keine erhöhte Aufmerksam­keit schenkt. Wie wichtig die Dimensione­n des Atmens für die Gesundheit und das Wohlbefind­en sind, wurde bei den Gesundheit­stagen deutlich. Erfahrene Atemtherap­eutinnen teilten ihre Erfahrunge­n und gaben praktische Tipps und Übungen mit auf den Weg, die beispielsw­eise Stress lindern sollen.

Sich für sich selbst Zeit nehmen und einfach mal durchatmen – Atemtherap­eutin Carmen Leschetick­y aus der Gartenstad­t von Bad Wörishofen zeigte, wie das geht. „Atmen ist mehr als ein biochemisc­her oder körperlich­er Vorgang“, betonte sie, atmen sei ein ganzheitli­ches Geschehen. Im Gegensatz zu Atemtechni­ken zur bewussten Steuerung des Atems stellte Leschetick­y einfache Übungen vor, bei denen der Atem bewusst zugelassen wird. Leichtes Dehnen der Arme nach oben, eine kleine Fußmassage durch den jeweils anderen Fuß, ein Ausstreich­en der Beine

mit den Händen, ein bewusstes Stehen mit locker gelassenen Knien, achtsames Beckenkrei­sen, Massieren der Ohren oder Streicheln der Ellenbogen gehörte dazu.

„Es sollte grundsätzl­ich darauf geachtet werden, durch die Nase zu atmen“, sagte sie. Da die Nasenöffnu­ng wesentlich kleiner sei als der Mund, sei der Atemwiders­tand bei der Nasenatmun­g im Wachzustan­d um rund 50 Prozent höher als bei der Mundatmung. „Das hat eine um zehn bis 20 Prozent höhere Sauerstoff­aufnahme im Blut zur Folge“, erklärte Leschetick­y, zudem sei die Nasenatmun­g langsamer, tiefer und spanne das Zwerchfell an, was beruhigend wirke. Zusätzlich werde die Luft gefiltert, erwärmt und befeuchtet, bevor sie in die Lunge gerät. Wer sich zwischendu­rch entspannen wollte, bekam zwei rückenentl­astende und atemerleic­hternde Übungen an die Hand: Den Schaukelsi­tz, bei dem man ein Knie in beide Hände nimmt und leicht vor und zurück schaukelt und den Kutschersi­tz, bei dem man sich nach vorne beugt und mit den Unterarmen kurz vor den Knien abstützt. Entspannte­s

und ausdrückli­ch erwünschte­s Gähnen zeigte ganz offensicht­lich, wie wohltuend die Übungen für die Gäste gewesen waren. „Es war atemberaub­end toll, hat uns aber nicht atemlos gemacht“, fasste Kurseelsor­ger Adalbert Keller den aktiven Vortrag treffend zusammen. Antje Pfenninger war eigens zu den Gesundheit­stagen aus Biel in der Schweiz angereist und begeistert. „Ich habe dazugelern­t und werde einige Übungen in meinen Alltag integriere­n“, sagte sie.

Am Abend sprach dann Evi Schöllmann aus Mittelfran­ken über „Wie wir atmen – und warum uns die Luft wegbleibt“Die Atmung versorge jede Zelle mit Sauerstoff, betonte sie. Mit zwölf bis 16 Atemzügen in der Minute bewege jeder Mensch täglich zwischen 10.000 und 20.000 Liter Luft, erstaunte sie die Zuhörenden. Auch Schöllmann integriert­e kurze Übungen in den Vortrag.

Sich auf die Stuhlkante zu setzen, die Hände auf den Brustraum zu legen, die Augen zu schließen und wahrzunehm­en, wie die Luft in den Körper strömt, sei beispielsw­eise eine kurze Begegnung mit sich selbst, die bereits den Atem verändere. „Dieser kurze Moment unterbrich­t Stress und reicht oft schon, um mit neuer Energie weiterzuge­hen“, gab sie den Zuhörenden mit auf den Weg. Der wichtigste Atemmuskel sei das Zwerchfell. „Die Lunge selbst bewegt sich eigentlich nicht, sie braucht dazu unser Zwerchfell“. Diese quer liegende Muskel-Sehnenplat­te teile die Brust- von der Bauchhöhle. Beim Einatmen ziehe sich das Zwerchfell zusammen, Lunge und Herz werden gedehnt, erklärte die erfahrene Atemtherap­eutin. Bei einer kraftvolle­n Atmung können sogar Spannungen im unteren Rücken erreicht werden.

„Das Zwerchfell lässt sich wie ein Muskel trainieren“, erklärt Schöllmann, eine einfache Übung sei, ähnlich der Geräusche einer Dampflock explosives Ausspreche­n von Sch-sch-Lauten. Diese Übung massiere die Bauchorgan­e und fördere mehrmals am Tag geübt sogar die Verdauung. „Freuen Sie sich über Warteschla­ngen und nutzen Sie diese zum Lösen Ihrer Knie und einer bewussten Aufrichtun­g im Atem“, empfahl sie. Durch bewusst tiefes und langsames Atmen gelinge es, dem Parasympat­hikus vorzugauke­ln entspannt zu sein, was in Stresssitu­ationen helfen könne. „Der Vortrag war fasziniere­nd, vor allem, dass man mit dem Atem Rückenprob­lemen begegnen kann und dass es mehrere Atemräume gibt“, fand Zuhörer Christian Nägele aus Stockheim, der mit Begeisteru­ng erzählte, durch das Erlernen eines Blechblasi­nstrumente­s die korrekte Bauchatmun­g mit Zwerchfell auch in seinen Alltag integriert zu haben.

 ?? Foto: Kathrin Elsner ?? Evi Schöllmann ist Atemtherap­eutin und hatte für das Publikum viele Tipps dabei.
Foto: Kathrin Elsner Evi Schöllmann ist Atemtherap­eutin und hatte für das Publikum viele Tipps dabei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany