Neuntklässler beschäftigen sich mit dem Thema Sterben
Spricht man mit Jugendlichen in der Schule über Hospiz und Tod – und wenn ja: wie? In Ettringen hat man den Versuch gemacht.
Ettringen Themen wie Hospiz, Palliativstation oder Tod sind nicht gerade Themen, die man an einem Vormittag an einer Mittelschule vermuten würde. Im Religionsunterricht der AlbertSchweitzer-Schule in Ettringen stand dieses emotionale Thema dennoch auf dem Plan der 9. Klasse von Lehrer Sebastian Koch. Es weckte bei den Schülerinnen und Schülern sowohl Interesse, hinterließ aber auch ernste Nachdenklichkeit.
Eingeladen hatte Sebastian Koch dazu Alfons Bauer von Hospizverein St. Elisabeth in Memmingen. Dieser war früher selbst Mittelschullehrer, ließ sich inzwischen aber zum Hospizbegleiter ausbilden und ist dort jetzt für diesen Verein im Unterallgäu tätig. Zunächst erklärte er zur Geschichte der Hospizbewegung, dass die ersten Hospize bereits von christlichen Orden in Rom und Jerusalem gegründet wurden. Die moderne Hospizbewegung habe ihren Ursprung in der Krankenschwester, Ärztin und Sozialarbeiterin Cicely Sanders, die 1967 in London das St.-Christopher´s-Hospice gründete. Seit knapp 40 Jahren konnte sich der Hospizgedanke auch in Deutschland etablieren.
Danach ging Alfons Bauer auf den Memminger Verein ein. Dieser wurde 1995 gegründet und hat 438 Mitglieder, wovon 80 als ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und -begleiter arbeiten und 15 hauptberuflich beschäftigt sind. Zu den Aufgaben gehört die Ausbildung neuer Begleiter, Fortbildungen, der Aufbau eines Betreuungsnetzwerkes und die Herstellung von Kontakten zu Patienten und die Vermittlung von Begleitern. Alfons Bauer wies außerdem darauf hin, dass die Weltanschauung eines Begleiteten keine Rolle spiele, wenngleich der Hospizverein auf christlichen Werten gründe. Die Schülerinnen und Schüler erfuhren weiter, dass es bei dem Thema nicht um Heilung einer Krankheit, sondern um die Verbesserung der Lebensqualität von schwerkranken Menschen gehe. Deshalb agieren Hospizbegleiter und -begleiterinnen auch nicht als medizinisches Personal, sondern sind für die Menschen da, haben Zeit für sie, sprechen über ihre manchmal letzten Wünsche und entlasten ihre Angehörigen, indem sie ihnen Zeit verschaffen, Termine wahrzunehmen oder einfach einmal ausspannen zu können.
Schließlich wollten die Jugendlichen erfahren, wie der Kontakt zum Hospiz zustande kommt. Auch darauf gab Alfons Bauer Antworten. Dies geschehe über Privatpersonen, Ärzte, Pflegeheime oder Krankenhäuser. Nach einer Anfrage beim Verein besucht eine Koordinatorin den Schwerstkranken, schaut sich die häusliche Situation an und überlegt sich, welche Hospizperson zu dem Schwerkranken passen könnte. Ein gemeinsamer Besuch mit dem Schwerkranken wird vereinbart, um einzuschätzen, ob einer Begleitung von beiden Seiten zugestimmt wird.
In der Abschlussrunde stellten die Schüler Fragen, die Alfons Bauer gerne beantwortete. Dies betraf zum Beispiel die Frage, welche Gefühle eine Begleitung beim Begleiter hervorrufe? Es sei schon jeweils eine herausfordernde Situation, aus der er aber auch als Beschenkter herausgehe, erläuterte Alfons Bauer dazu. Je nach Krankheitsverlauf könnte dies länger oder kürzer dauern und oft helfe ihm dabei sein Glaube als Katholik. Durch seine Arbeit sei ihm bewusst geworden, wie kostbar das Leben sei und dass man deshalb nichts aufschieben solle. Der Verein grenze sich auch bewusst von Suizidassistenz ab, wenngleich er diesen Wunsch der Schwerkranken respektiere und die Begleitung gegebenenfalls passiv bis zum Lebensende fortsetze.
Für die Schüler und Schülerinnen bedeutete der Besuch vor allem, zu erfahren, dass es auch angesichts schwerer und lebensbedrohender Krankheiten Menschen gibt, die auf diesem oft schweren und letzten Weg Beistand leisten können. Dass dies allerdings nicht nur alte Menschen, sondern auch Jüngere oder gar Kinder treffen könne, machte die Neuntklässler durchaus nachdenklich. Doch auch in solchen Fällen sind Hospize eine segensreiche Einrichtung.