Mittelschwaebische Nachrichten
Pokémon-Jäger treffen auf die Polizei
So mancher wundert sich, warum zu später Stunde junge Leute auch in entlegenen Winkeln des Landkreises unterwegs sind. Dann müssen die Beamten ausrücken
Landkreis Es ist eine merkwürdige Erscheinung, die sich seit einigen Wochen im Straßenbild auch im Landkreis zeigt. Kinder und Jugendliche versammeln sich an bestimmten Plätzen – in einer Gesellschaft, die Kindheit und Jugend immer mehr institutionalisiert hat und sich der Nachwuchs nur noch selten zum Spielen im Freien aufhält, ein selten gewordenes Bild. Der Grund dafür ist kein flächendeckender Stromausfall, auch das Wetter hat nur bedingten Einfluss. Was die jungen Leute auf die Straßen lockt ist ein Spiel: die Pokémon-Go-App fürs Handy. Und das sorgt bei der Polizei für manchen Einsatz.
Das Besondere daran ist, dass dieses Spiel die Grenzen zwischen digitaler und analoger Welt verwischt. Überall auf der Landkarte platziert der Server des japanischen Spieleherstellers Nintendo per Zufallsprinzip sogenannte Pokémons. Das sind kleine virtuelle Monster, die die Spieler suchen und einfangen müssen. Solange die Kamera des Smartphones eingeschaltet ist und die App den Standort des Spielers bestimmen kann, erscheinen die kleinen Pokémons als Überlagerung des Kamerabildes auf dem Bildschirm. Eingefangen werden die Pokémons, indem sie mit virtuellen Bällen durch Wischen auf dem Touchscreen des Handys abgeworfen werden. Darüber hinaus gibt es sogenannte Pokéstops – Orte, an denen die Spieler bestimmte Hilfsmittel, etwa Bälle für die Jagd auf die kleinen Monster, einsammeln können. Weltweit existieren etwa fünf Millionen solcher Pokéstops. Die eingefangenen Pokémons werden von den Spielern trainiert und können dann ab einem bestimmten Spielstatus in sogenannten Arenen, ebenfalls zufällig ausgewählten Orten, gegeneinander antreten. Auch in den Städten im Landkreis gibt es mehrere davon, wie beispielsweise den Kirchturm der Krumbacher Maria-Hilf-Kirche oder das Alte Rathaus am Marktplatz.
Im Grunde sei es begrüßenswert, wenn Kinder und Jugendliche wieder verstärkt nach draußen gehen, findet Krumbachs Polizeisprecher Claus Schedel. Eltern im Kollegenkreis hätten zwar anfangs etwas verdutzt geschaut, als die Kinder abends plötzlich noch mit dem Rad raus wollten anstatt sich ins Zimmer zu verkrümeln. Doch vonseiten der Polizei gibt es nichts gegen dieses Verhalten einzuwenden. Allerdings mahnt Schedel zur Rücksichtnahme. Vermehrt gab es in der Vergangenheit Anzeigen wegen nächtlicher Ruhestörung. Stets entpuppten sich jugendliche Pokémon-Go-Spieler als Lärmquelle. Schedel appelliert daher an die jungen Menschen, das Ruhebedürfnis ihrer Mitmenschen vor allem nachts zu respektieren. Zur eigenen Sicherheit sollten die Spieler immer noch ein Auge auf den Straßenverkehr haben. Während die Günzburger Polizeiinspektion und die Autobahnpolizeistation noch keine Fälle hatten, bei denen sich Anwohner aufgrund einer Ansammlung mehrerer junger Leute zu später Stunde meldeten, mussten die Beamten in Burgau in jüngster Zeit zwei Mal ausrücken. Zum einen gab es Beschwerden im Bereich Herrenweg, zum anderen im Bereich der Kirche und des Gasthauses Allerheiligen in Scheppach. Da Bürger besorgt waren, weil gegen 23 Uhr dort normalerweise kaum noch jemand unterwegs ist, schaute die Polizei nach – und fand Jugendliche, die auch dort auf der Jagd nach Pokémons waren.