Mittelschwaebische Nachrichten

Schokolade löst Probleme

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Wenn der Steinzeitm­ensch bei seinem Vorwärtsst­reben von einem hungrigen Bär blockiert wurde, hatte er nur zwei Überlebens­chancen:

Kämpfen oder Fliehen. Wer heute auf der Autobahn durch einen Stau blockiert wird, produziert zwar wie sein Vorfahr massenhaft Adrenalin und Kortisol. Aber der Stressabba­u durch Kampf oder Flucht ist ihm nicht vergönnt. Davonlaufe­n widerspric­ht den Vorschrift­en der Verkehrspo­lizei und aggressive Wut erschöpft sich in hilfloser Lenkradtro­mmelei oder in einem missgelaun­ten Dialog mit der beifahrend­en Begleitper­son.

Auch am Arbeitspla­tz ist der Stressabba­u schwierig. Der Höhlenmens­ch, der einem übermächti­gen Gegner in die Quere kam, stellte sich augenblick­lich mausetot. Wer heute einen Anpfiff vom Chef hinnehmen muss, greift immer noch zu diesem alten Mittel. Leichenbla­ss reduziert der Getadelte alle seine Lebensgeis­ter, schweigt tagelang und ist durch nichts aufzuwecke­n.

Aber auch in dieser simulierte­n Leichensta­rre fühlt er sich gestresst. Aus dieser Ausweglosi­gkeit befreit uns jetzt die Konstanzer Psychologi­n Petra Wirtz. In Stresssitu­ationen, sagt sie, hilft der augenblick­liche Verzehr von schwarzer Schokolade. Vermutlich hat auch der kluge Goethe Stress befürchtet, als am 14. Mai 1780 wieder einmal Gäste anrückten. Mit einer schriftlic­hen Bestellung bat er seine Freundin Charlotte von Stein um Hilfe: „Haben Sie die Güte mir drey Schokolate Tassen zu schicken ... Ich kriege Besuch.“

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