Mittelschwaebische Nachrichten
Er hofft – gegen alle Vernunft
In der Parade-Rolle als Phantom „Bourne“kämpft er wieder gegen die aktuellen Probleme der Welt. Schaffen wir das wirklich? Das denkt Matt Damon
In Ihrem neuen „Bourne“-Abenteuer steckt wieder einiges an Politik… Matt Damon: Dieser Aspekt war in der Tat immer wichtig, und sicherlich hat es auch deswegen eine ganze Weile gedauert, bis wir wieder eine passende Geschichte hatten. Die ersten drei Filme spielten ja letztlich noch in einer vollkommen anderen Zeit: Das war die Welt direkt nach dem 11. September, es ging um das Amerika von George W. Bush und den Krieg gegen den Terror. Auch nun geht es uns wieder darum, die Realität abzubilden, auch wenn wir natürlich eine fiktive, leicht überhöhte Version davon zeigen. Deswegen beginnt „Jason Bourne“an der griechisch-mazedonischen Grenze, die von so vielen Flüchtenden überquert wird. Und deswegen zeigen wir Proteste in Athen. Über allem schwebt dabei die Frage von Privatsphäre und Datenschutz auf der einen und globaler Sicherheit auf der anderen Seite. Das ist schließlich die ganz große Debatte unserer Zeit.
Nutzen Sie denn noch ein ganz normales Mail-Programm oder haben Sie auch Angst, gehackt zu werden? Damon: Nein, ich schreibe natürlich auch nach den Enthüllungen von Snowden und Co. weiterhin Mails. Aber ich fürchte, dass da nur ziemlich langweiliges Zeug drinsteht. Sollte also jemand mitlesen, dürfte der relativ enttäuscht sein. Mein Smartphone hat mich genauso im Griff wie scheinbar alle anderen Menschen. Ich habe es ständig bei mir, mein ganzes Leben hängt mehr oder weniger dran. Ich brauche es für meinen Arbeitsalltag genauso wie um mit meinen Kindern in Kontakt zu bleiben, wenn ich nicht zuhause bin. Fernhalten tue ich mich nur von Social Media. Auf Twitter oder Facebook sucht man mich deswegen bis heute vergeblich.
Sie sind kein Schwarzmaler... Damon: Eigentlich würde ich mich als Optimisten bezeichnen. Gerade wenn es darum geht, was uns als Menschheit erwartet. In den letzten paar hundert Jahren hat sich die Lebensqualität der Menschen ja immer weiter gesteigert, und ich setze darauf, dass neue Technologien diesen Trend noch weiter fortsetzen. Aber natürlich habe ich keine Ahnung. Genauso gut kann es auch sein, dass unsere Zukunft die reinste Hölle wird. Natürlich bleibt mir nicht verborgen, dass es mehr als genug gute Gründe gibt, pessimistisch in die Zukunft zu blicken. Immer kleinere Gruppen von Menschen können im- mer größeren Schaden anrichten. Dank der modernen Technik braucht man kein riesiges Heer mehr, um Kriege zu gewinnen. Aber ich bin einfach von Natur aus ein hoffnungsvoller Mensch, daran können auch die Vernunft und schlechte Erfahrungen nichts ändern.
Als Vater von vier Töchtern kann man sich vermutlich gar nicht erlauben, Trübsal zu blasen, oder? Damon: Bevor meine Frau und ich unsere Familie gegründet haben, habe ich wirklich viel darüber nachgedacht, ob ich Kinder in diese Welt setzen will. Letztlich habe ich mich dafür entschieden, wie jeder weiß. Denn ich bin überzeugt davon, dass es uns gelingen wird, ihnen eine positive Zukunft zu bieten. Und es gibt auch genug Erhebungen darüber, dass sich unsere Gesellschaft in vielen Aspekten in die richtige Richtung entwickelt.
Blicken Sie so positiv auch auf das Alter? Die körperlichen Anforderungen in „Jason Bourne“fielen Ihnen sicherlich nicht mehr so leicht wie beim ersten Teil vor rund 15 Jahren… Damon: Was für eine Frage! Natürlich, schließlich war ich damals noch keine 30! Heute bin ich 45 Jahre alt, und selbstverständlich hat mein Körper mit dem Alter zu kämpfen. Wäre ja seltsam wenn nicht…
Aber warum Sie sich solche Strapazen überhaupt noch an? Damon: Die Motivation kann ich – vor allem in diesem Fall – ganz leicht erklären. Bei Jason Bourne war einfach klar, dass dieser Mann nach zehn Jahren im Untergrund und auf der Flucht natürlich nicht aussehen kann, als hätte er es sich gut gehen lassen. Authentizität wurde bei den „Bourne“-Filmen schließlich immer groß geschrieben. Also hieß es für mich: runter mit den Pfunden – und ab ins Gym.
Würden Sie nicht manchmal lieber nur zuhause bei der Familie sein und die Schauspielerei aufgeben? Damon: Hm, ich liebe es Filme zu machen, das steht außer Frage. Und ich würde wirklich sehr gerne bald einmal selbst Regie führen. Nicht zuletzt deswegen kann ich mir durchaus vorstellen, dass irgendwann die Zeit kommt, in der ich nicht mehr die ganze Zeit vor der Kamera stehen will. Mir fällt da immer Clint Eastwood ein, der mal zu mir sagte: Ich hatte irgendwann einfach die Schnauze voll, ständig meine eigene Visage zu sehen.
Clint Eastwood ist also Ihr Vorbild? Damon: Könnte man vielleicht so sagen. Er spielt ja bis heute noch hin und wieder in Filmen mit, doch vor allem inszeniert und produziert er. Das gefällt mir. Ich brenne für die Arbeit hinter der Kamera, auf die könnte ich nie verzichten. Aber was das Spielen angeht, könnte ich mir durchaus vorstellen kürzerzutreten.
Für „Jason Bourne“waren Sie wieder mal in Berlin. Sie haben einen besonderen Bezug zu der Stadt, nicht wahr? Damon: Absolut. Für „Die Bourne Verschwörung“, unseren zweiten Film, habe ich damals ja eine ganze Weile in Berlin gelebt, fast fünf Monate lang. Auch beim dritten Teil haben wir wieder hier gedreht, Clooneys „Monuments Men“später auch, und zur Berlinale war ich auch öfter vor Ort. Ich liebe die Stadt und fühle mich hier wirklich pudelwohl. Noch in 50 Jahren werden die Leute darüber sprechen, wie aufregend es in Berlin zu Beginn des neuen Jahrtausends war. Da bin ich mir sicher. Denn nirgends passiert mehr, nirgends ist es lebendiger als hier!
Werden wir Bourne ein weiteres Mal wiedersehen? Damon: Mal sehen. Erst mal gucken, wie dieser Film ankommt, dann sehen wir weiter. Ich bin mir sicher, dass Paul Greengrass jetzt erst einmal wieder ein oder zwei ganz andere Geschichten erzählen will. Aber wer weiß, ob Jason Bourne danach nicht doch wieder gebraucht wird, um die Welt vor einem Präsidenten Trump zu retten. Glauben Sie, der könnte wirklich Präsident werden? Damon: Die Sorge habe ich durchaus. Nachdem die Briten nun für den Brexit gestimmt haben, halte ich endgültig alles für möglich. Das war nämlich ein richtiger Schock, damit hatte ich trotz der knappen Umfragen im Vorfeld nicht wirklich gerechnet. Doch dadurch wird Trumps politischer Aufstieg jetzt umso greifbarer. Denn die Wut und die Angst, die Wähler scheinbar umtreiben, sind überall auf der Welt gleich. Vor einem Jahr hätte das noch niemand gesagt, doch mittlerweile halte ich einen Präsidenten Trump für ein vollkommen realistisches Szenario.