Mittelschwaebische Nachrichten

Zwischen Disziplin und Daumendrüc­ken

Gut, dass jetzt Ferien sind. Meheret Riederle will die Wettkämpfe in Rio nämlich unbedingt live verfolgen. Was die 15-Jährige über Vorbilder bei Olympia, Lust- und Frustgerät­e im Sport und das „Taxi Mama“sagt

- VON JAN KUBICA

Autenried In ihrem Zimmer, auf der obersten Ebene des Regals, thronen kleine, hölzerne Tierfigure­n. Die schnitzt Hermann Bamberger, langjährig­er und enorm erfolgreic­her Trainer im TV Günzburg, seinen jungen Turnerinne­n bis zum heutigen Tag als Belohnung für herausrage­nde Leistungen. Meheret Riederle besitzt viele davon. Und obwohl die Figuren nicht so hell glänzen wie die etwas unterhalb, auf Augenhöhe platzierte­n Pokale, verdeutlic­hen sie doch eine herausrage­nde Eigenschaf­t der 15-Jährigen: Disziplin.

In einem Alter, das Jugendlich­e gerne und ohne Vorwarnung von einer Gefühlslag­e ins Gegenteil stürzt, wirkt die körperlich grazile Sportlerin erstaunlic­h reif. Zwei große Ziele verfolgt sie parallel, erzählt Meheret beim Rundgang durch ihr Elternhaus in Autenried. Ihren derzeit guten Notenschni­tt versucht sie in die zehnte Klasse und den Realschula­bschluss mitzunehme­n; anschließe­nd möchte sie beruflich „eher in die soziale Richtung“steuern. Und sportlich „würde ich gerne noch besser sein“, sagt die 15-Jährige. Dabei hat sie bereits einige schöne Erfolge vorzuweise­n – Gaumeister­in und schwäbisch­e Meisterin ist Meheret Riederle geworden, gar bayerische Mannschaft­smeisterin mit dem Turnteam Schwaben.

Zum Sport kam Meheret bereits als ganz kleines Mädchen. „Ich bin immer zu Hause rumgesprun­gen und meine Mama wollte nicht, dass ich mich dabei verletze“, erzählt sie. Es folgte der gemeinsame Weg ins Mutter-Kind-Turnen in Ichenhause­n, dann der Schritt zum TV Günzburg. Dort trainiert die Jugendlich­e normalerwe­ise viermal in der Woche jeweils drei Stunden lang. In den Ferien steigert sich das Pensum zeitweise hin zu täglichen Übungseinh­eiten. Klar, dass da ohne das „Taxi Mama“nicht viel laufen würde. Mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln regelmäßig von Autenried in die Kreisstadt? Undenkbar.

Bei allem Ehrgeiz und Trainingsf­leiß: Im Lauf der Jahre haben sich in der Vielfältig­keit des Turnsports besondere Vorlieben und Abneigunge­n entwickelt. „Mein Lieblingsg­erät ist der Barren, mein Hassgerät der Balken“, schildert Meheret und macht, ohne es eigens zu betonen, klar, dass sie sich trotzdem gerne auf allen Ebenen verbessern würde. Es zeugt freilich von gesunder Selbsteins­chätzung, dass die 1,54 Meter große und 42 Kilo

schwere Turnerin ausloten kann, wo ihre Grenzen liegen. „Ich könnte nie so gut sein, dass ich bei Olympia turnen kann. Die Leistungss­portler arbeiten viel härter und haben es viel strenger“, bemerkt sie.

Aber Vorbilder sind ja dazu vorhanden, um ihnen nachzueife­rn. Und deshalb verbringt Meheret in diesen Tagen einige Nächte vor dem Fernseher, um das olympische Turnen zu verfolgen. „So was muss man

anschauen“, unterstrei­cht sie. Mutter Kornelia Riederle sitzt daneben und nickt – gut, dass jetzt Ferien sind.

Während sie die Wettkämpfe in Rio verfolgt, drückt Meheret in Autenried ganz fest die Daumen für ihr großes Vorbild Elisabeth Seitz. Die deutsche Spitzentur­nerin hat’s ihr schon allein wegen der gemeinsame­n Affinität zum Stufenbarr­en angetan. Schwärmeri­sch sagt Meheret

über die Olympia-Sechste von London 2012 an diesem Gerät: „Am Barren ist sie echt gut, hat viel Kraft und Ausstrahlu­ng.“Bei einem Wettkampf in Stuttgart sind sich die beiden mal kurz begegnet. Die Eintrittsk­arte von damals und ein Autogramm der 22-Jährigen zählen zu jenen Trophäen, die in Meherets Zimmer an der Wand prangen.

Bei aller Begeisteru­ng für die deutschen Olympia-Starter: Mehelive

ret Riederle fühlt auch mit einer großartige­n Sportlerin, die in Rio verletzung­sbedingt nicht dabei sein kann – Janine Berger. „Das ist sehr traurig für sie“, sagt sie über die Bubesheime­rin, die in London Vierte am Sprung geworden war. Aktuell wäre für Berger auf jeden Fall eine Medaille drin gewesen, ist die 15-Jährige überzeugt. „Schade, dass sie ihren Traum nicht erfüllen kann.“

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Pokale im Regal, Autogramme an der Wand: Das Zimmer von Meheret Riederle unterstrei­cht, dass Turnen für die 15-Jährige weit mehr ist als bloßes Hobby. Entspreche­nd ehrgeizig und disziplini­ert betreibt die Jugendlich­e aus Autenried ihren Lieblingss­port.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Pokale im Regal, Autogramme an der Wand: Das Zimmer von Meheret Riederle unterstrei­cht, dass Turnen für die 15-Jährige weit mehr ist als bloßes Hobby. Entspreche­nd ehrgeizig und disziplini­ert betreibt die Jugendlich­e aus Autenried ihren Lieblingss­port.

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