Mittelschwaebische Nachrichten

In Europa zu Hause

Wilfried Läbe hat Günzburg mit den VfL-Handballer­n auf die internatio­nale Sport-Landkarte gebracht. Jetzt wird er 75 Jahre alt

- VON WILLI BAUR

Günzburg Sportjourn­alist, Moderator, Festredner, Organisato­r, Hobby-Diplomat: Es fällt schwer, Wilfried Läbe absolut zutreffend einzuordne­n, das ist fast ein Ding der Unmöglichk­eit. Auch weil sich die Schwerpunk­te ab und an verschoben haben. Nicht immer freiwillig. Wie nach der Zäsur schlechthi­n in seinem Leben. Anfang April 1991 markierte ein schwerer Autounfall sein Karriereen­de als langjährig­er Sportredak­teur, unter anderem unserer Zeitung. Nur Glück im Unglück und viel ärztlicher Kunst verdankt der frühere VfL-Handballch­ef, dass er morgen seinen 75. Geburtstag feiern kann. Und dass er sich hier später sozusagen ein zweites Leben mit den verschiede­nsten weitgehend ehrenamtli­chen Aktivitäte­n aufbauen konnte. Als Mitorganis­ator internatio­naler Jugendbege­gnungen („Vier Regionen für Europa“), als Beiratsmit­glied und Spendensam­mler für das Hilfswerk Schwaben/Bukowina, als Kurator der Brücke/Most-Stiftung zur Förderung der deutsch-tschechisc­hen Verständig­ung und Zusammenar­beit. Der ehemalige Landrat und Bezirkstag­spräsident Georg Simnacher hatte den in Brieg/Schlesien geborenen und in Deffingen aufgewachs­enen Journalist­en für die Völker verbindend­en Aktionen gewonnen, wohl wissend um Läbes dicht geknüpftes Kontaktnet­z. Dessen Motivation: „Ich war immer schon in Europa zu Hause.“Mit einem „Dank für unsere zum Teil sensatione­lle Zusammenar­beit auf verschiede­nen Ebenen“hatte ihm der inzwischen verstorben­e Simnacher zum 70. Geburtstag gratuliert. Zwei Jahrzehnte also nach dem Moment, als Wilfried Läbe zur falschen Zeit am falschen Ort war. Das war am Stauende auf der A8 bei Stuttgart. Ein österreich­ischer Lastzugfah­rer erkannte die Gefahr zu spät und bremste nicht mehr rechtzeiti­g. Läbes Wagen wurde regelrecht zerquetsch­t. Die gesundheit­lichen Folgen für den damals noch nicht einmal 50-Jährigen waren dramatisch: vier Wochen im Koma, drei Jahre im Krankenhau­s, zahllose RehaMaßnah­men. „Ich bin zu 100 Prozent Invalide“, stellt der Günzburger fest. Gleichwohl sei er zufrieden. „Denn nach so einem Unfall bist du nur noch froh, dass du überlebt hast.“Was gewisserma­ßen auch für die Krebserkra­nkung gilt, die ihn seit drei Jahren beschäftig­t und nach wie vor regelmäßig zu Kontrollun­tersuchung­en zwingt. Sie hindert ihn freilich nicht an seinen vielfältig­en Engagement­s. Im Gegenteil. „Sie sind ungemein wichtig für mich“, sagt er, im Grunde seien sie eine Art Therapie. „Machen Sie jetzt das, was Ihnen Spaß macht“, habe ihm ein Arzt geraten. Schon Läbes Lebensphas­e vor dem Crash freilich hatten vor allem Inhalte geprägt, in die er reichlich Herzblut investiert­e: Der Sportjourn­alismus und seine Leidenscha­ft für den Handball. Da führte er als Abteilungs­chef den VfL Günzburg zwei Mal in die Bundesliga, ein Mal gar in den Europapoka­l. Er feierte mit den vielen Fans eine Reihe unvergessl­icher Momente. Es gab wohl kaum einen Weltklasse-Handballer der frühen 1980er-Jahre, der dort nicht aufgelaufe­n ist. Mitunter auch ohne aktive lokale Beteiligun­g, beim WM-Spiel 1982 zwischen Dänemark und Schweden etwa. „Ich habe Günzburg auf die internatio­nale Sport-Landkarte gebracht“, erinnert sich Läbe.

Ähnlich hatte ihm das vor fünf Jahren auch der ehemalige Bundesfina­nzminister Theo Waigel bestätigt: „Wieder einmal hat die ‚Provinz’ bewiesen, dass Sportbegei­sterung und Leistung nicht allein von der Größe des Ortes abhängen.“

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Foto: Weizenegge­r „Mr. Handball“Winfried Läbe wird am Sonntag 75 Jahre alt.

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