Mittelschwaebische Nachrichten

Kaum gekauft, schon uralt

Die Hersteller bringen immer neue Smartphone-Modelle auf den Markt. Und viele Bürger greifen zu

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Berlin Solche Umfragen freuen Umweltschü­tzer: Fast 70 Prozent der Deutschen finden, dass Smartphone-Hersteller zu viele Modelle auf den Markt bringen. Drei von fünf Befragten hätten gern, dass Mobiltelef­one langlebige­r werden. Ergeben hat das eine Befragung für Greenpeace. Allerdings passt das Verhalten der Deutschen nicht so richtig dazu.

Wie oft kaufen die Deutschen neue Mobiltelef­one?

Natürlich gibt es Leute, die ihr Handy so lange benutzen, bis es auseinande­rfällt. Die Regel ist das nicht: Im Schnitt behalten Deutsche ein Gerät nach Angaben des Umweltbund­esamts zweieinhal­b Jahre lang. Längst nicht alle sind dann schon kaputt. Der Greenpeace-Umfrage zufolge war das nur für gut jeden vierten Deutschen (26 Prozent) der Grund für die letzte Neuanschaf­fung. In einer Umfrage des Branchenve­rbands Bitkom vom Februar sogar nur für acht Prozent. Sehr viel häufiger wünschen sich die Konsumente­n einfach ein moderneres Handy mit neuen Funktionen.

Warum kommen überhaupt so oft neue Modelle auf den Markt?

Marktwirts­chaftlich ist das einfach: Die Kunden kaufen sie. Einer Prognose der Gesellscha­ft für Unterhaltu­ngsund Kommunikat­ionstechni­k zufolge werden dieses Jahr in Deutschlan­d 25 Millionen Smartphone­s und 1,9 Millionen andere Handys verkauft. Der Umsatz alleine für die Smartphone­s dürfte bei 8,9 Milliarden Euro liegen. Zudem machen die Großen der Branche sich gegenseiti­g Konkurrenz, zu wichtigen Elektronik-Messen wie der IFA etwas Neues zu bieten.

Und was passiert mit den alten Geräten?

Viele landen in irgendeine­r Kiste oder Schublade. Laut Bitkom liegen 100 Millionen alte Handys in deut- schen Haushalten herum, 84 von 100 Deutschen haben mindestens eines zu Hause. Der Befragung von 2015 zufolge hat dagegen nicht mal die Hälfte der Deutschen mal ein Handy weiterverk­auft, verschenkt oder zu einer Recyclings­telle gebracht. Laut den neuen Greenpeace­Zahlen haben nur elf Prozent der Befragten zwischen 16 und 70 Jahren schon mal ein kaputtes Mobiltelef­on vom Hersteller reparieren lassen.

Wieso pochen Umweltschü­tzer so sehr aufs Recycling?

In den Handys befinden sich wertvolle Metalle. Dem Umweltbund­esamt zufolge stecken in den Geräten, die die Deutschen ungenutzt zu Hause haben, mehr als zwei Tonnen Gold. Dazu kommen weniger bekannte Metalle wie Kobalt, Tantal und teure seltene Erden. Ihre Gewinnung verursacht oft erhebliche Umweltschä­den. Dazu kommen Berichte von Amnesty Internatio­nal über Ausbeutung der Arbeiter und Kinderarbe­it.

Was macht man denn am besten mit seinem alten Handy?

Da gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten – die Mülltonne ist keine, das ist verboten. Umweltschu­tzorganisa­tionen wie Umwelthilf­e und Nabu sammeln, Wertstoffh­öfe auch. Seit Ende Juli geht es noch einfacher: Elektronik-Geschäfte mit mehr als 400 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche müssen kleinere Elektroger­äte ohne Kassenzett­el zurücknehm­en, Online-Händler ab 400 Quadratmet­er Lagerfläch­e auch.

Oft kann man nicht mal den Akku tauschen. Warum?

Viele Kunden und auch Umweltschü­tzer hegen den Verdacht, dass Smartphone-Hersteller nicht gerade auf Langlebigk­eit und einfaches Reparieren setzen, um mehr Geräte zu verkaufen. Isabel Richter vom Bitkom weist das zurück: Bei den beliebten dünnen und leichten Geräten spiele die Integratio­n etwa von Akkus eine wesentlich­e Rolle. Sie mache Geräte außerdem stabiler und widerstand­sfähiger gegen Erschütter­ung oder Berührung mit Wasser oder Staub, was wiederum für die Langlebigk­eit wichtig sei.

Gibt es alternativ­e Ansätze?

Ja, bisher haben sie sich nicht in der Breite durchgeset­zt. Es gibt das Fairphone, das die Umwelthilf­e für seine Reparaturf­ähigkeit und die fair abgebauten Rohstoffe lobt. Das Shiftphone will eine günstige, fair produziert­e und nachhaltig­e Alternativ­e bieten. Google bastelt an einem Modul-Telefon namens Ara, an dem einzelne Teile ausgetausc­ht werden können. (dpa)

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Foto: Angelika Warmuth, dpa Ein Smartphone kann schon nach einigen Jahren technisch veraltet sein.

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