Mittelschwaebische Nachrichten

So kommen Flüchtling­e in Ausbildung

Wie die IHK Schwaben junge Migranten in die Betriebe der Region bringen will

- VON SEBASTIAN RICHLY

Augsburg In den vergangene­n Wochen hat Josefine Steiger unzählige Fotos ihrer Schützling­e per Handy erhalten. Darauf sind aber nicht die Gesichter der jungen Auszubilde­nden zu sehen, sondern ihre Zwischenze­ugnisse. Steiger freut sich mit jedem Einzelnen, der sein erstes Lehrjahr abgeschlos­sen hat: „Sie sind mittlerwei­le sehr gut integriert. Die Betriebe sind für manche eine Art Familie geworden.“

Steiger ist Leiterin des Pilotproje­kts „Junge Flüchtling­e in Ausbildung“der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Schwaben. Das Vorhaben ist bayernweit einzigarti­g. Ziel ist es, die jungen Migranten individuel­l zu begleiten und gezielt auf den Arbeitsmar­kt vorzuberei­ten. Davon würden auch die regionalen Betriebe profitiere­n, die so die fehlenden Nachwuchsk­räfte ausgleiche­n könnten, sagt Steiger.

Für den Hauptgesch­äftsführer der IHK Schwaben, Peter Saalfrank, ist das Projekt ein Modell für die Zukunft: „Wenn wir dem Fachkräfte­mangel in den kommenden 15 Jahren entgegentr­eten wollen, müssen wir die jungen Flüchtling­e in den Arbeitsmar­kt integriere­n.“Im Dezember 2014 startete das deutschlan­dweit beachtete Projekt. Im vergangene­n Ausbildung­sjahr begannen 60 junge Flüchtling­e, fast ausschließ­lich Männer, in Schwaben eine Lehre – 52 sind immer noch dabei. Der Zuspruch der schwäbisch­en Unternehme­n sei groß – rund 244 große und kleine Betriebe unterstütz­en die jungen Flüchtling­e. Die IHK Schwaben rechnet damit, dass rund 100 junger Migranten mithilfe des Projekts am 1. September ihre Lehre beginnen werden. Auch für die einheimisc­hen Nach- wuchskräft­e setzt sich die IHK ein. So gibt es nicht nur Unterstütz­ung bei der Berufswahl, auch während der Ausbildung und darüber hinaus werden die Lehrlinge durch das Bewerbungs­management betreut.

Trotzdem werden viele Lehrstelle­n in der Region unbesetzt bleiben. Besonders hoch sei der Bedarf an Fachkräfte­n in der Gastronomi­e. Vor allem an Köchen fehle es – auch bei den Flüchtling­en kein beliebter Beruf: „In ihren Heimatländ­ern gibt es so einen Beruf für Männer nicht, da kocht die Mutter“, sagt Steiger. Auch Berufskraf­tfahrer oder Straßenbau­er werden händeringe­nd gesucht. Die IHK versucht, die jungen Flüchtling­e in die entspreche­nden Berufe zu vermitteln: „Das ist unser Ansatz, um den Fachkräfte­mangel zu bekämpfen“, sagt Steiger und fügt hinzu: „Die Migranten nehmen aber keinem den Platz weg, sondern decken die Nachfrage ab.“

Die IHK vermittelt nicht jeden Flüchtling an die Betriebe. „Wir schauen uns die Migranten genau an, ob sie schon so weit sind“, sagt Steiger. Die IHK setzt dabei auf eine umfassende Betreuung. Ein wichtiger Baustein ist es, die Wünsche und Fähigkeite­n der Flüchtling­e genau zu erfassen. Die Betriebe bekommen diese Porträts zugeschick­t und können sich mit den jungen Menschen in Verbindung setzen.

Nicht jeder Migrant könne aber sofort eine Ausbildung beginnen, sagt Steiger. „Die Flüchtling­e sind unterschie­dlich. Mit einigen muss man viel Geduld haben.“Ein Hindernis sei nicht nur die Sprache, auch mangelnde mathematis­che Kenntnisse seien beispielsw­eise in einigen Lehrberufe­n problemati­sch. Hinzu komme in vielen Fällen die fehlende Arbeitserl­aubnis sowie die langen Anfahrtswe­ge zum Betrieb.

 ?? Symbolfoto: Kay Nietfeld, dpa ?? Um dem Fachkräfte­mangel entgegenzu­treten, bereitet die IHK Schwaben junge Migranten gezielt auf die Ausbildung vor.
Symbolfoto: Kay Nietfeld, dpa Um dem Fachkräfte­mangel entgegenzu­treten, bereitet die IHK Schwaben junge Migranten gezielt auf die Ausbildung vor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany