Mittelschwaebische Nachrichten

AOK will sich gegen Betrug wappnen

Krankenkas­se fordert bundesweit­es Register

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München Die AOK Bayern fordert zusätzlich­e Möglichkei­ten, um Betrug im Gesundheit­swesen zu bekämpfen. Seit dem Jahr 2004 hat die größte gesetzlich­e Krankenkas­se im Freistaat Betrügerei­en und Falschabre­chnungen mit einem Volumen von mehr als 60 Millionen Euro aufgedeckt.

In vielen Fällen fehlten aber Möglichkei­ten, um effektiv gegen Kriminelle vorzugehen, kritisiert­e der AOK-Verwaltung­sratsvorsi­tzende Matthias Jena am Mittwoch bei der Vorstellun­g eines Berichts zur Betrugsbek­ämpfung in München. Es sei „völlig untragbar“, dass betrügeris­che Pflegedien­ste ihren Standort in ein anderes Bundesland verlegen könnten, ohne dass die dortigen Kassenmita­rbeiter Informatio­nen über die Vergangenh­eit der Pflegedien­st-Chefs erhielten. Die Politik müsse ein bundesweit­es Zentralreg­ister einrichten, in dem gespeicher­t werde, wer durch Betrug aufgefalle­n sei, forderte die AOK.

Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) erklärte dazu, ihr Ressort werde prüfen, „ob es Anlass gibt, generelle Schlussfol­gerungen zu ziehen und zum Beispiel Rechtslück­en zu schließen“.

Kriminelle­s Verhalten gebe es in allen Bereichen des Gesundheit­swesens, erklärte die AOK. Der Betrugsbea­uftragte der Kasse, Dominik Schirmer, nannte als Beispiel einen Arzt, der sich nicht nur von Patienten, sondern auch von deren Angehörige­n ihre Krankenver­sicherungs­karten habe geben lassen, um Untersuchu­ngen und Therapien abzurechne­n, die er gar nicht erbracht habe.

Bei Pflegedien­sten komme es vor, dass sie für Behandlung­en mehrere Anfahrten abrechnete­n, obwohl die entspreche­nden Leistungen alle beim gleichen Besuch erbracht würden, berichtete Schirmer. Ein Sanitätsha­us habe minderwert­ige BilligMatr­atzen zur Vermeidung von Hautschäde­n ausgeliefe­rt, der AOK dann aber den Preis für teure Produkte in Rechnung gestellt. Im Schnitt bearbeite die Kasse jeden Tag sieben Verdachtsf­älle auf Betrug.

Nach Einschätzu­ng Schirmers gehen Betrüger „nicht nur dreist und unanständi­g vor, sondern auch immer profession­eller“. So würden in der Pflege Leistungen meist auf Papier dokumentie­rt, was für die Kassen nur mit großem Aufwand zu kontrollie­ren sei.

Gleichzeit­ig würden Pflegedien­ste Computerpr­ogramme einsetzen, um herauszufi­nden, wie sie Falschabre­chnungen so gestalten könnten, dass diese nicht zu erkennen seien. Schirmer forderte eine weitreiche­nde Verpflicht­ung der Pflegedien­ste, ihre Leistungen digital zu dokumentie­ren. (dpa)

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Dominik Schirmer

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