Mittelschwaebische Nachrichten

Nie waren Noten teurer

Gustav Mahlers zweite Sinfonie auf Auktion

- VON RÜDIGER HEINZE

Augsburg Eigentlich war er Ökonom, Journalist und Unternehme­r: Gilbert Kaplan, Gründer des Magazins „Institutio­nal Investor“. Aber gleichzeit­ig nahm sein Leben – durch ein New Yorker Konzert im Jahr 1965 – eine außergewöh­nliche Wendung: Kaplan war von einer Wiedergabe der zweiten Sinfonie Gustav Mahlers in der Carnegie Hall so hingerisse­n, dass er beschloss, sein Leben fortan auch in den Dienst dieses Werkes zu stellen.

Er studierte die Sinfonie, er nahm 1981 Dirigierun­terricht und führte im selben Jahr zunächst den ersten Satz des Werks mit dem angemietet­en American Symphony Orchestra auf. Ein Jahr später hatte er die „Auferstehu­ngssinfoni­e“komplett drauf und stellte sie erst einem geladenen Publikum, dann öffentlich vor. Und 1984 gelang es dem begüterten Mahler-Aficionado, die handschrif­tliche Partitur der Zweiten zu erwerben – um sie anschließe­nd als Faksimile herauszuge­ben.

1996 dirigierte Kaplan die „Auferstehu­ngssinfoni­e“sogar bei den Salzburger Festspiele­n. Doch 20 Jahre später, am 1. Januar 2016, starb der Amateur-Dirigent in New York. Und nun kommt die OriginalPa­rtitur Mahlers bei Sotheby’s London unter den Hammer – versehen mit dem höchsten Schätzprei­s, der je einem Notenmanus­kript beigemesse­n wurde: vier Millionen Euro für das Autograf von 232 Seiten. Versteiger­ungstermin: 29. November.

Was hatte Gilbert Kaplan nach seiner ersten Aufführung der Zweiten erzählt? Er erzählte: „Ich habe nach dem Konzert Hunderte von Briefen bekommen, in denen mir Menschen erzählten, dass mein Erlebnis sie zu Schritten ermutigt habe, die sie bisher nicht gewagt hätten.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany