Mittelschwaebische Nachrichten
Volkstrauertag in Brasilien
Der Brasilianer liebt Fußball. Insofern war der Dienstag ein Volkstrauertag für die OlympiaGastgeber. Die Frauen-Nationalmannschaft verlor ihr Halbfinale gegen Schweden im Elfmeterschießen. Noch ist Bronze möglich. Das wäre wichtig auf dem Weg zum neuen Rekord. Denn wer sich den Klotz Olympia ans Bein bindet, der will als Hausherr vor eigenem Publikum glänzen.
Gut, bei der Fußball-Weltmeisterschaft vor zwei Jahren gelang das nicht so recht. Das 1:7 gegen Schwarzwald-Jogi und seine Jungs steckt immer noch in den Köpfen. Umso wichtiger wäre ein Erfolgserlebnis in Rio.
Wobei auch die bisherige Olympia-Bestmarke einen nicht vom Hocker haut. Vor vier Jahren in London gewannen die Brasilianer 17 Medaillen. Dreimal Gold, fünfmal Silber und neunmal Bronze.
Die Südamerikaner sind kein Olympia-Schwergewicht. Ihnen fehlt der Bezug zu vielen olympischen Sportarten. Da kann es nur helfen, dass Wellenreiten ab 2020 in Tokio zum Programm gehört.
Es gäbe weitere Disziplinen, die dem Carioca (Einwohner von Rio) auf den Leib geschneidert wären. Zehn Kilometer Bahngehen in Badelatschen, Rallye-Taxifahren oder Körperposing am Strand.
Im aktuellen Olympia-Programm müssen sie Sportarten als „brasilianisch“akzeptieren, die sie bislang gar nicht so sehr auf dem Schirm hatten. Stabhochsprung zum Beispiel. Thiago Braz da Silva ist zum Helden aufgestiegen, seit er über sechs Meter hoch zum Gold gesprungen ist. Er ist einer, der wie die Judo-Olympiasiegerin Rafaela Silva dank des Sports den gesellschaftlichen Aufstieg geschafft hat. Solche Aschenputtelgeschichten liebt das Volk überall auf der Welt. Das dritte Gold gewann Robson Conceicao als Leichtgewichtboxer – ein ehemaliger Eisverkäufer. Die hoch gehandelten Volleyballerinnen sind dagegen bereits ausgeschieden.
3 – 4 – 4 ist nach zwei Dritteln der brasilianische Beitrag zum Medaillenspiegel. Gestern Morgen reichte das zum 16. Platz – irgendwo zwischen Neuseeland und Kroatien. Die Bilanz ist noch ausbaufähig.
Der Brasilianer hält auch nichts vom olympischen Miteinander. Die Konkurrenten der heimischen Athleten werden regelmäßig mit lautstarkem Missfallen bedacht. Fair Play ist ja auch ein englisches Wort.