Mittelschwaebische Nachrichten
Ein historischer Sprung
Zum ersten Mal seit 1912 holt wieder ein Deutscher eine Medaille vom Drei-Meter-Brett. Das ist auch gut für die Bilanz
Rio de Janeiro Bronzemedaillengewinner Patrick Hausding und Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow staunten um die Wette, als ihnen die historische Dimension des Erfolges bewusst wurde. „Was? 1912? 104 Jahre...“, sagte Hausding über die letzte deutsche OlympiaMedaille in dieser Disziplin und lachte. „Das war wie gestern.“
Erstmals seit dem Triumph vor dem ersten Weltkrieg jubelte wieder ein deutscher Kunstspringer in der Konkurrenz vom Drei-Meter-Brett bei einer Siegerehrung. Für den Rekordeuropameister war es die erste Einzelmedaille außerhalb einer Europameisterschaft.
„Ist das wirklich wahr?“, fragte sich Hausding, als er zu späterer Stunde die Medaille im wieder blauen Wasser taufte. „Ich bin so oft vorbeigeschrammt“, sagte der 27-Jährige nach vier Weltmeisterschaften und nun drei Olympischen Spielen erleichtert. „Jetzt war es genau der richtige Moment, um Mal Bronze abzusahnen.“
Nach einem soliden Vorkampf und einem Halbfinale mit zwei verkorksten Sprüngen zeigte der Synchronsprung-Weltmeister von 2013 im Finale vom Brett seine viel bewunderte Nervenstärke.
Wie Freiwasserschwimmer Thomas Lurz 2012 in London bewahrte nun Hausding den Deutschen Schwimm-Verband vor der zweiten olympischen Nullnummer nach 1932. „Felsen, Felsen sind gefallen. Der Druck ist natürlich groß“, gestand Buschkow.
Der am Jahresende freiwillig aus dem Amt scheidende Leistungssportdirektor war in seiner DoppelFunktion als Wassersprung-Bundestrainer natürlich froh, dass ausgerechnet aus seiner Sparte die Olympia-Plakette kam. „Deutschland juchzt nach Medaillen und da ist es für uns wichtig, dass wir unseren Beitrag leisten.“
Die Wasserspringer haben dank Hausding ihr Olympia-Ziel erfüllt, die Freiwasserschwimmer nach dem Lurz-Rücktritt im Rahmen der Erwartungen abgeschnitten.
Bleiben die ernüchternden Auftritte im Becken, worüber es zwischen Buschkow und Chefbundestrainer Henning Lambertz schon ein „Vier-Augen-Gespräch“gab, wie der Leistungssportdirektor sagte. Weitere grundlegende Gespräche stehen an.
Aber in der Nacht zum Mittwoch war erst einmal Feiern angesagt. Und das „nicht nur mit einem brasilianischen Kaltgetränk“, wie Buschkow verriet. Die letzte olympische Einzelmedaille der Springer hatte Dörte Lindner (Bronze) 2000 in Sydney geholt – ebenfalls vom DreiMeter-Brett. Hausding gewann 2008 in Peking gemeinsam mit Sascha Klein Silber im Synchronspringen vom Turm.
Nach drei vierten Plätzen bei Olympia fand der Berliner seinen Auftritt im Maria Lenk Aquatics Centre einfach nur „geil“. Nach seinen Blessuren im Vorfeld war die Plakette für ihn und seinen Anhang besonders viel wert. Für den viereinhalbfachen Vorwärtssalto kassierte der 27-jährige Hausding mit 98,8 Punkten die höchste Wertung der gesamten Konkurrenz. (dpa)