Mittelschwaebische Nachrichten
So schlecht wie zuletzt in Atlanta
Bei den Radfahrern soll nach Rio mal wieder analysiert werden
Rio de Janeiro Rudolf Scharping war fein raus. Den Debatten über neue Strukturen und einer besseren Nachwuchsförderung musste sich der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer nach dem schlechtesten Olympia-Abschneiden seit 1996 in Atlanta nicht stellen. Der einstige Verteidigungsminister weilte nach BDR-Angaben in China, nicht einmal einen Kurzbesuch in Rio gab Scharpings Terminkalender her. Deshalb war es wie so oft: Trainer und Sportdirektoren zerbrachen sich in Abwesenheit ihres Präsidenten den Kopf, wie der Rückstand zur Radsport-Großmacht Großbritannien aufgeholt werden kann.
Die Bilanz ist ernüchternd: Keine Medaille für Tony Martin & Co. auf der Straße, nicht konkurrenzfähig im BMX, und im Mountainbike konnte die verletzte Vorkämpferin Sabine Spitz auch nicht mehr helfen. Einzig die Bahnrad-Ausnahmefahrerin Kristina Vogel rettete den Verband mit ihrer Goldmedaille im Sprint und dem dritten Platz im Teamsprint mit Miriam Welte vor einer Totalpleite.
Die Zielsetzung für Rio von sechs bis neun Medaillen wurde meilenweit verfehlt. Trotzdem redete sich BDR-Sportdirektor Patrick Moster das Abschneiden schön: „Wir stehen nach Rio, wo wir uns auch vor den Spielen gesehen haben: Im Kreis der Weltspitze.“
Wirklich Weltspitze? Dass es in den Straßenrennen aufgrund des Streckenprofils keine Medaillenflut geben würde, war im Vorhinein klar. Dass aber gerade auf der Bahn das gute Ergebnis von der WM im März nicht bestätigt werden konnte, wiegt schwer. So malte Vogel mit Blick auf den Nachwuchs ein düsteres Bild: „Du merkst, wie wir damals beißen mussten und wie die heute beißen. Das ist einfach nicht das Gleiche.“
Für Bahnrad-Bundestrainer Detlef Uibel kommt die Entwicklung nicht überraschend. Das Thema sei nach den Olympischen Spielen immer das gleiche, monierte Uibel: „Es muss eine Hierarchie und eine klare Struktur geben, damit die Alleinverwaltung aufhört. Ich habe mehrmals schon Konzepte oder Grundlagen erarbeitet und innerhalb des BDR weitergeleitet. Leider Gottes ist es dabei geblieben.“
Uibel fordert seit Jahren eine Zentralisierung, wie sie die Briten mit viel Geld praktizieren. Im BDR stößt er damit aber auf taube Ohren. So wiederholen sich die Diskussionen. Der BDR kündigte eine Analyse an – wie vor vier Jahren. Damals sollte auch das Thema BMX auf die Agenda. In Rio war es wie in London: Keine deutschen Fahrer in den Finals. Und auf der Straße bleibt die Hoffnung, dass es in Tokio weniger Berge als in Rio gibt. (dpa)