Mittelschwaebische Nachrichten

Wie die USA in Syrien scheitern

- VON SUSANNE GÜSTEN red@augsburger-allgemeine.de

Türkische Medien meldeten, weitere Truppen und Panzer würden über die Grenze verlegt. Bisher sind mehrere hundert türkische Soldaten, einige Dutzend Panzer sowie rund tausend pro-türkische syrische Rebellen an der Offensive beteiligt.

Die Truppenkon­zentration bedeute, dass es nicht nur um die Befreiung der Grenzstadt Dscharablu­s von der Terrormili­z Islamische­r Staat gehe, die ursprüngli­ch als Motiv der Interventi­on genannt worden war, schreibt die regierungs­treue türkische Zeitung Yeni Safak. Nun ist von der Einrichtun­g einer dauerhafte­n „Schutzzone“durch die Tür- kei und verbündete syrisch-arabische Milizen auf der syrischen Seite der Grenze die Rede. Damit will Ankara verhindern, dass die Kurden die 90 Kilometer breite Lücke zwischen ihren beiden kontrollie­rten nordsyrisc­hen Gebieten schließen.

Die Kurden gelten jedoch für die USA als wichtiger Verbündete­r im Kampf gegen den IS. Die USA sind in der grotesken Situation, beide Kampf-Parteien zu unterstütz­en: Washington half den Türken beim Angriff auf Dscharablu­s mit Kampfjets und Geheimdien­stinformat­ionen. Zuvor ließen die USA den Kurden viel Unterstütz­ung beim Kampf gegen den IS zukommen. Nun rief die US-Regierung die syrischen Kurden auf, sich zurückzuzi­ehen, um direkte Auseinande­rsetzungen mit den einmarschi­erenden Türken zu vermeiden.

Doch die denken nicht daran: Der Chef der syrischen Kurdenpart­ei erklärte auf Twitter: Seine Kämpfer seien nicht mit Erlaubnis der USA Richtung Westen vorgerückt und würden sich jetzt auch nicht auf Wunsch der USA wieder zurückzieh­en. Die Türken will er wieder über die Grenze zurücktrei­ben: „Früher oder später wird Dscharablu­s an uns fallen.“

Das Nato-Mitglied Türkei marschiert in Syrien ein und liefert sich schwere Gefechte mit den syrischen Kurden, den wichtigste­n amerikanis­chen Verbündete­n im Kampf gegen den IS. Russland und der Iran schauen der türkischen Interventi­on ohne größere Proteste zu. Nach hochrangig­en Gesprächen zwischen Ankara, Moskau und Teheran in jüngster Zeit liegt der Verdacht nahe, dass die Türken in Syrien mit dem Einverstän­dnis der Russen und der Iraner aktiv sind. Dagegen gerät ein anderer Akteur ins Abseits: die USA.

Washington hatte lange versucht, in Syrien die Quadratur des Kreises zu schaffen. Die US-Regierung wollte die Türkei im Kampf gegen den Islamische­n Staat ins Boot holen, aber trotzdem gleichzeit­ig das Bündnis mit den syrischen Kurden stärken. Diese Politik ist jetzt gescheiter­t. Es könnte sogar passieren, das Soldaten der US-Spezialein­heiten, die im Norden Syriens die Kurden beraten sollen, beim türkischen Vorstoß in Mitleidens­chaft gezogen werden.

Die US-Regierung kann nur noch Druck auf die syrischen Kurden ausüben, damit diese den türkischen Panzern aus dem Weg gehen, und die Türken zur Mäßigung ermahnen. Ein Armutszeug­nis für die Supermacht Amerika.

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