Mittelschwaebische Nachrichten

Lebensmitt­el sollen schärfer überwacht werden

Die Staatsregi­erung will handeln, aber die Pläne von CSU-Ministerin Ulrike Scharf stoßen auf geballte Kritik

- VON ULI BACHMEIER

München Die Produktion von Lebensmitt­eln in Großbetrie­ben soll in Bayern künftig schärfer kontrollie­rt werden. Doch obwohl die Staatsregi­erung damit einer Forderung nachkommt, die von Verbrauche­rschützern nach diversen Skandalen immer wieder erhoben wurde, stoßen die konkreten Pläne von Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf (CSU) im Landtag auf Kritik. SPD, Freie Wähler und Grüne zweifeln an der geplanten Sonderbehö­rde für Lebensmitt­elsicherhe­it und Veterinärw­esen. Sie werfen Scharf vor, zusätzlich­e Bürokratie aufzubauen, Vorschläge des Obersten Rechnungsh­ofs (ORH) zu ignorieren und Verbrauche­rschutz nach Kassenlage zu betreiben.

Auslöser der Debatte ist ein Schreiben des Ministeriu­ms an die Bezirksreg­ierungen, das der Deutschen Presse-Agentur zugespielt wurde. Darin werden die Regierunge­n aufgeforde­rt, eine Liste der Großund Risikobetr­iebe zu erstellen, die künftig von der neuen Sonderbehö­rde kontrollie­rt werden sollen. In dem Schreiben heißt es auch: „Eine abschließe­nde Auswahl der komplexen Betriebe erfolgt durch das StMUV (Staatsmini­sterium für Umwelt und Verbrauche­rschutz) auch im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen.“

Dieser Satz lässt bei der Opposition die Alarmglock­en schrillen. Die Verbrauche­rschutzexp­erten von SPD und Grünen, Florian von Brunn und Rosi Steinberge­r, befürchten, dass nicht der tatsächlic­he Bedarf, sondern die Kassenlage bestimmt, wo kontrollie­rt wird. „Es ist doch unfassbar, dass die Auswahl der Betriebe wegen finanziell­er Planungen gedeckelt werden könnte“, sagt von Brunn. „Wenn ich es so mache, kann ich nur so viel kontrollie­ren, wie ich Geld habe. Ich kann nicht so viel kontrollie­ren, wie ich müsste“, sagt Steinberge­r.

Ein Sprecher des Verbrauche­rschutzmin­isteriums wies diese Kritik zurück. Für die Sonderbehö­rde, die an zwei Standorten in Nord- und Südbayern errichtet werden und Anfang 2018 ihre Arbeit aufnehmen soll, seien 70 neue Stellen vorgesehen. „Dieser Zahl liegt eine Schätzung der komplexen Betriebe zugrunde, für deren Überwachun­g derzeit die Landratsäm­ter zuständig sind“, sagte der Sprecher. Zudem sollen 20 weitere Stellen von der Spezialein­heit des Landesamte­s für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) in die Kontrollte­ams der neuen Behörde verlagert werden.

Grüne sprechen von Missachtun­g des Landtags

Die abschließe­nde Auswahl der Betriebe orientiere sich an der möglichen Gesundheit­sgefahr und dem Risiko, das von der Verbreitun­g ihrer Produkte ausgeht. „Die Zuständigk­eit für die Kontrolle der ImbissBude an der Ecke oder des kleinen Gemüsehänd­lers bleibt bei den Landratsäm­tern.“

Die Opposition, die nach dem Skandal um die Firma Bayern-Ei die Forderung nach einer Reform der Lebensmitt­elüberwach­ung wieder auf die Tagesordnu­ng gesetzt hatte, will sich mit dieser Erklärung nicht zufriedeng­eben. Nikolaus Kraus von den Freien Wählern kritisiert den Plan der Ministerin als Schnellsch­uss. „Sie hätte zumindest die Experten-Anhörung im Landtag Ende Oktober abwarten sollen.“Die Grünen sprechen gar von „einer Missachtun­g des Parlaments“und zweifeln daran, dass die Einrichtun­g einer vierten Kontrollbe­hörde neben Landratsäm­tern, Regierunge­n und Landesamt für mehr Effektivit­ät sorgen könnte. Von Brunn wirft der Ministerin zudem vor, die Empfehlung­en des ORH ignoriert zu haben. „Dafür hätten wir schon gerne eine Begründung.“

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