Mittelschwaebische Nachrichten

SPD kritisiert mangelnden Tierschutz in Schlachthö­fen

Studie brachte Missstände ans Licht. Offenbar werden längst nicht alle Schweine und Rinder auf schonende Art und Weise getötet

- VON ULI BACHMEIER

München Rund 5,2 Millionen Schweine und 900000 Rinder werden pro Jahr in Bayern geschlacht­et. Das soll nach den strengen Vorschrift­en des Tierschutz­gesetzes schonend, also möglichst stress- und schmerzfre­i geschehen. Eine Studie des Landesamte­s für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) aber brachte ans Licht, dass es offenbar gravierend­e Missstände gibt. LGL-Präsident Andreas Zapf nannte die Ergebnisse der Studie „erschütter­nd“. Nun allerdings werden auch er und seine Chefin, Bayerns Verbrauche­rschutzmin­isterin Ulrike Scharf (CSU), Rede und Antwort stehen müssen. Der Grund: Die Ergebnisse der Studie wurden erst spät und eher beiläufig bekannt. Der schwäbisch­e SPD-Abgeordnet­e und Tierschutz­experte Herbert Woerlein hat deshalb den Verdacht, dass etwas vertuscht werden sollte. Er will wissen, was seither passiert ist und wie es um das Tierwohl in Bayerns Schlachthö­fen steht.

Verdachtsg­ründe gibt es offenkundi­g gleich mehrere. Da ist zum einen die Studie selbst, die in den Jahren 2014 und 2015 erarbeitet wurde. Ihr eigentlich­er Zweck war nämlich nicht, die Arbeitswei­se der Schlachthö­fe unter die Lupe zu nehmen, sondern herauszufi­nden, ob es zu dem aufwendige­n bayerische­n Qualitätsm­anagements­ystem (QMS) zur Überwachun­g des Tierschutz­es in Schlachthö­fen eine effektiver­e Alternativ­e gibt. Die Autorin verglich das bayerische Kontrollsy­stem des- halb mit einer Methode aus den USA. Sie kam zu dem Ergebnis, dass das bayerische System besser ist. Der Befund, dass in nahezu allen der 20 untersucht­en Schlachthö­fe „gravierend­e Mängel“beim Tierschutz festgestel­lt wurden, war also quasi nur ein Nebenprodu­kt. Woerlein fragt deshalb, wie oft und wie effektiv tatsächlic­h kontrollie­rt wird.

Zum anderen gibt die Informatio­nspolitik des LGL dem SPD-Abgeordnet­en Anlass zur Kritik. Das Amt informiert­e in seinem Jahresberi­cht für 2015, der im Mai 2016 vorgelegt wurde, zwar über die Studie, nicht aber über die tatsächlic­hen Missstände in den Schlachthö­fen, die LGLPräside­nt Zapf später selbst als „erschütter­nd“bezeichnet­e. Woerlein will deshalb unter anderem wissen, seit wann die Staatsregi­erung von den Missstände­n wusste und was sie konkret dagegen unternomme­n hat. Er geht, nach allem was bisher bekannt ist, davon aus, dass die staatliche Kontrolle nicht ausreicht, die wenigen Veterinäre überlastet sind und dem Staat zudem die rechtliche­n Instrument­e fehlen, um den Tierschutz in den Schlachthö­fen zu gewährleis­ten.

Mit der Antwort des LGL auf eine Anfrage unserer Zeitung will er sich nicht zufriedeng­eben. Darin heißt es unter anderem: „Durch Anordnung der zuständige­n Behörden vor Ort wurden die Mängel behoben, beispielsw­eise durch bauliche Veränderun­gen, Schulungen des Personals, technische Anpassunge­n von Geräteeins­tellungen, Wartungen bzw. Neuanschaf­fung von Geräten und Änderungen in Betriebsab­läufen.“Es hätten, so die Behörde weiter, auch Nachkontro­llen stattgefun­den. Zudem seien im Juli 2016 im Rahmen einer Tagung alle größeren Schlachtun­ternehmer auf ihre Pflichten hingewiese­n worden. Und das LGL werde weitere Sonderkont­rollen durchführe­n. „Immerhin sind die jetzt dran“, sagt Woerlein dazu. Seine Zweifel am System aber seien nicht ausgeräumt.

Metzger beteuern, dass ihnen Tierschutz wichtig ist

Zweifel am System gibt es umgekehrt auch bei den Metzgern. Konrad Ammon, Landesinnu­ngsmeister des Fleischerv­erbands Bayern und selbst Betreiber eines Metzgersch­lachthofs in Fürth, beteuert: „Der Tierschutz ist auch uns Metzgern verdammt wichtig, weil wir nicht nur auf das Tierwohl, sondern auch auf die Qualität des Fleisches achten.“Über die Studie hat Ammon sich geärgert. Zum einen, weil er bei der Kontrolle seines Betriebes nicht wusste, dass es um eine Studie ging. Zum anderen, weil ihm die (wenigen) Mängel in seinem Betrieb erst „ein Jahr und fünf Monate später“mitgeteilt worden seien. Er habe darauf sofort reagiert: „Wenn etwas nicht in Ordnung ist, stellen wir das umgehend ab. Das ist in unserem ureigenste­n Interesse.“

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Herbert Woerlein

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