Mittelschwaebische Nachrichten
Staatsdiener aus Überzeugung
Noch managt Rainer Riedl die Flüchtlingskrise in Bayern. Bald wird der gebürtige Kemptener das offizielle Sprachrohr des Ministerpräsidenten sein
Es gibt Pressesprecher im Bereich der Politik, die bezeichnen sich selbstironisch als „Leihmaul“. Das ist zwar nicht sonderlich nett, trifft aber in den meisten Fällen den Kern der Sache: Ein Pressesprecher spricht schließlich nicht für sich, sondern im Auftrag eines Politikers, einer Partei oder einer Behörde.
Es gibt auch Pressesprecher, die sich mit einem Chamäleon vergleichen. Ihr Motto: „Wenn mein Chef redet, nehme ich die Farbe der Wand hinter mir an.“Die Fähigkeit, sich selbst zurückzunehmen und sich unterzuordnen, gehört in dem Job quasi zum Anforderungsprofil.
Doch es gibt auch noch andere – und da wird es für Journalisten schon schwieriger: die Strategen und „Spin-Doktoren“. Auch sie treten nach außen hin kaum in Erscheinung, nerven im Hintergrund aber oft gewaltig mit Belehrungen, Agitationen und allerlei Tricks, um ihren Chef im besten Licht erscheinen zu lassen.
In Bayern war das um die Jahrtausendwende ein echtes Problem. Damals wollte Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) Bundeskanzler werden und die Pressestelle der Staatskanzlei arbeitete fast wie ein Propagandaministerium. Hinter jeder Information, die aus der Regierungszentrale verbreitet wurde, durfte eine Absicht vermutet werden. Diese Zeiten sind lange wieder vorbei.
Seit erst Günther Beckstein, dann Horst Seehofer das Regiment in der Staatskanzlei übernahmen, herrscht dort eine neue Sachlichkeit: Der Chef spricht in aller Regel selbst und seine Sprecher beschränken sich auf die Beantwortung von Sachfragen und die Organisation von Pressekonferenzen und Interviewterminen. Der gebürtige Kemptener Rainer Riedl, 52, der ab 1. Oktober die frühere Rundfunkjournalistin Daniela Philippi ablöst und Sprecher der Staatsregierung und des Ministerpräsidenten wird, hat immer schon so gearbeitet: ruhig und unaufgeregt, aber schnell und zuverlässig. Seine Zurückhaltung als Beamter geht so weit, dass er Interviews zu seiner Person strikt ablehnt. Dabei hätte der Jurist, der in Augsburg studiert und es in der Staatsverwaltung schon in den Rang eines Ministerialdirigenten geschafft hat, sicherlich viel zu erzählen. Er kennt das Geschäft mit den Journalisten schon rund 20 Jahre, war Sprecher bei der Regierung von Mittelfranken, im früheren Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz, im Innenministerium und seit 2008 in der Staatskanzlei.
Im Oktober vergangenen Jahres übernahm er die Leitung des Koordinierungsstabs für Flüchtlinge in Bayern – eine Aufgabe, die im Bund dem Kanzleramtsminister übertragen wurde. Nun kehrt Riedl als Chef in die Pressestelle der Staatskanzlei zurück und es ist damit zu rechnen, dass er so weitermacht, wie er aufgehört hat: als Staatsdiener aus Überzeugung, der seine Funktion ernst, sich selbst aber nicht zu wichtig nimmt. Uli Bachmeier