Mittelschwaebische Nachrichten
Crisis Maximus in Rom
Die neue Chefin versinkt im Müll
Rom In Rom ist wieder alles beim alten: Die Römer sind aus den langen Sommerferien wieder da. Der Müll türmt sich wieder neben den Tonnen und das tägliche Verkehrschaos raubt den Bewohnern wieder den letzten Nerv. Auch politische Krisen sind die Römer gewöhnt. Aber was sich in der neuen Stadtregierung derzeit abspielt, hat auch für Italiens Hauptstadt Skandalpotenzial – und ist von Bedeutung für das ganze Land. Nicht einmal drei Monate nach ihrem fulminanten Wahlsieg im Juni hat Bürgermeisterin Virginia Raggi einen Krisenherd nach dem anderen zu löschen. Ende vergangener Woche gipfelte das Chaos im Rücktritt von fünf ihrer wichtigsten Mitarbeiter.
Nicht nur der Finanzstadtrat und die Chefin ihres Kabinetts legten nach parteiinternen Querelen das Amt nieder, sondern auch zwei Topmanager der öffentlichen Verkehrsbetriebe und der Chef der städtischen Müllentsorgungsgesellschaft. Abgesehen davon wird gegen die Umweltbeauftragte Paola Muraro, die eigentlich das Müllchaos in der Stadt in den Griff kriegen soll, wegen Amtsmissbrauchs ermittelt.
Peinlich für die 38-jährige Raggi, die bei ihrem Antritt versprochen hatte, das hoch verschuldete Rom nach jahrelanger Misswirtschaft und einem großen Mafia-Skandal aus der Krise zu führen. Das Chaos in Rom wirft kein gutes Licht auf die FünfSterne-Partei, die der Komiker Beppe Grillo gegründete hatte und die sich als nationale Alternative zu den regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsident Matteo Renzi etablieren will. Die europakritische Protestbewegung liegt in Umfragen Kopf an Kopf mit Renzis Sozialdemokraten. Scheitert die Partei in der Hauptstadt, könnte das landesweit einen negativen Trend auslösen.
Regierungschef Renzi kann das Tohuwabohu also nur Recht sein, steht er selbst in Umfragen nicht gut da. Ende des Jahres steht ein wichtiges Referendum über die Verfassungsreform an. Da Renzi den Ausgang der Volksabstimmung mit seinem eigenen Schicksal als Ministerpräsident verknüpft hat, sind schlechte Umfragewerte für ihn äußerst bedenklich. Eine strauchelnde Opposition käme da gerade recht. Und eine der Verschwörungstheorien vor der Wahl in Rom war, dass Renzi absichtlich nicht den Kandidaten seiner Partei PD unterstützt habe, damit die Fünf-Sterne-Bewegung die als unregierbar geltende Hauptstadt übernimmt und damit scheitert.
Auffällig: Renzi schaltete sich bisher noch nicht richtig in die Querelen ein, sondern rief die Fünf-Sterne-Bewegung lediglich dazu auf, Rom zu regieren, „wenn sie dazu in der Lage sind“. (dpa)