Mittelschwaebische Nachrichten

Erreicht Österreich bald die Obergrenze?

Die Wiener Regierung droht mit Grenzschli­eßungen. Doch noch sind wichtige Fragen offen

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien In Österreich beherrsche­n nach der beschlosse­nen Obergrenze für Flüchtling­e zwei offene Fragen die Asyldebatt­e: Was geschieht künftig mit Menschen, die Österreich nicht aufnehmen will und die Ungarn zurückweis­t? Werden sie im Niemandsla­nd zwischen Österreich und Ungarn interniert? Eine klare Antwort gibt weder der Gesetzentw­urf für die Sondervero­rdnung zum Asylgesetz, den die Regierung in Wien beschlosse­n hat, noch irgendeine­r der zuständige­n Politiker.

Gegenwärti­g scheinen sich die sozialdemo­kratische und die konservati­ve Regierungs­partei lieber darauf zu verlassen, dass die Obergrenze von 37500 Asylanträg­en im Jahr 2016 gar nicht erreicht wird. Bisher sind es noch unter 27 000.

Ab dem Januar 2017 wird neu gezählt – dann gilt die neue Obergrenze von 35 000. Sollte aber Flüchtling Nummer 37501 doch noch 2016 an der Grenze stehen, werde alles ganz schnell gehen, verspricht der konservati­ve Innenminis­ter Wolfgang Sobotka. In Kärnten könne die Polizei innerhalb weniger Stunden die Grenzen schließen. Schon jetzt wird kontrollie­rt, wer aus Slowenien kommt.

Nach Italien und Deutschlan­d stehen die Grenzen bislang offen. Doch auch sie sollen am Tag X geschlosse­n werden, so die Sondervero­rdnung. Begründet wird sie damit, dass Österreich­s Schulen, Ärzte, das Sozial- und Rechtssyst­em und der Arbeitsmar­kt bei Überschrei­ten der Obergrenze überforder­t würden. Die Befürworte­r der Obergrenze verweisen darauf, dass ein Staat laut EU-Vertrag europäisch­e Gesetze aussetzen könne, wenn das Funktionie­ren staatliche­r Einrichtun­gen gefährdet sei. Die Kritiker sehen in der Obergrenze einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtling­skonventio­n und europäisch­es Asylrecht.

Während Deutschlan­d bereits 11700 Flüchtling­e dieses Jahr nach Österreich zurückgesc­hickt hat, tut sich die Wiener Regierung schwer: Denn Ungarn nimmt niemanden zurück. Innenminis­ter Sobotka droht nun, Ungarn vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f zu verklagen. Eigentlich ist das Land für die Flüchtling­e zuständig, in dem sie erstmals europäisch­en Boden betreten – im Normalfall Griechenla­nd. Doch der Europäisch­e Gerichtsho­f hat bis 2017 alle Abschiebun­gen dorthin gestoppt, weil in Griechenla­nd keine rechtsstaa­tliche Behandlung für Flüchtling­e garantiert sei.

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