Mittelschwaebische Nachrichten

Bosch gerät in den Strudel des VW-Skandals

Stuttgarte­r Unternehme­n wird in den USA schwer belastet. Doch noch gibt es kein Geständnis des Management­s

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Stuttgart Der Autozulief­erer Bosch sieht sich zunehmend in den VWDieselsk­andal verwickelt. Eine Klageschri­ft aus den USA gibt Aufschluss über die genauen Vorwürfe. Ein Überblick über den Stand der Dinge.

Was genau hat Bosch an VW geliefert?

Im September 2015 kam der VWAbgasska­ndal ans Licht der Öffentlich­keit. Bosch hat damals die Lieferung von „Komponente­n für den Antriebsst­rang und für die Abgasnachb­ehandlung“eingeräumt – also Software, die von VW für die Manipulati­onen genutzt wurde. Ein Schuldeing­eständnis wie von Volkswagen gab es hingegen nicht.

Was sind die Vorwürfe?

Vor einem Gericht in San Francisco wollen Anwälte im Namen von USBürgern, die im VW-Dieselskan­dal geschädigt wurden, Schadeners­atz durchsetze­n. Aus ihrer Sicht war Bosch nicht bloß ein Lieferant, der von den mit seinem Produkt begangenen Betrügerei­en nichts wusste. Ganz im Gegenteil: Der Stuttgarte­r Technologi­ekonzern habe mit dem Wolfsburge­r Autobauer „Hand in Hand“zusammenge­arbeitet und sich damit ebenfalls des massenhaf- ten Betrugs schuldig gemacht. Bosch sei „ein wissender und aktiver Teilnehmer in einer jahrzehnte­langen Unternehmu­ng gewesen, um US-Konsumente­n zu betrügen“, heißt es in der Klageschri­ft. Diese Vorwürfe sind schon länger bekannt, doch nun kamen neue Details an die Öffentlich­keit. Denn viele für Bosch belastende Passagen der Klageschri­ft waren bisher geschwärzt – nun hat das Gericht das Dokument weitgehend „entschwärz­t“.

Was sind die Begründung­en der Vorwürfe?

Die Vorwürfe sind massiv. Ein Beispiel: In einem Brief habe Bosch 2008 seinen Kunden VW darum gebeten, ihn explizit von etwaigen Haftungsan­sprüchen bei Verwendung der Software freizustel­len weil die Nutzung laut US-Recht verboten sei. Obgleich VW sich geweigert habe, die Übernahme etwaiger Haftungsan­sprüche zuzusicher­n, habe Bosch sieben Jahre lang weiter mit VW zusammenge­arbeitet und die mit dem Codenamen „Akustikfun­ktion“bezeichnet­e Betrugssof­tware weiterentw­ickelt. VW habe die Software nicht ohne Wissen des Zulieferer­s verändern können, sind sich die Kläger sicher. Mehr noch: Bosch habe sogar vertraglic­h festhalten lassen, dass nur eigene Mitarbeite­r die Software verändern durften. „Der Vertrag sah vor, dass Bosch die Kontrolle über die Software behält“, schreiben die US-Kläger. Bosch habe in der jahrelange­n Lieferante­nbeziehung darauf bestanden, die Software weiter zu testen und so zu liefern, dass sie direkt einsetzbar ist. „Boschs strenge Kontrolle über die Entwicklun­g und Veränderun­gen [der Software] ist unbestreit­bar.“

Was sind die angebliche­n Beweise, worauf sich die US-Kläger stützen?

Die US-Kläger beziehen sich in dem 742-Seiten-Dokument vor allem auf Briefe, E-Mails und Power-PointPräse­ntationen. So habe ein Vertreter des Stuttgarte­r Konzerns bereits 2008 in einem Brief das englische Wort „Defeat Device“genutzt, so bezeichnen die US-Aufseher verbotene Programme zur Abgaskontr­olle. Und ein VW-Vertreter habe 2014 in einer Mail an einen Kollegen von einem Telefonat mit einem BoschMitar­beiter berichtet, in dem dieser von gewissen Änderungen der „Akustikfun­ktion“auf Basis der VW-Anforderun­gen gesprochen habe. Aus Sicht der Kläger ist das ein weiterer Beleg dafür, dass Bosch immer voll involviert war. (dpa)

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Foto: Kaufmann, dpa Der Stuttgarte­r Bosch-Konzern gerät immer mehr in das Fadenkreuz des Volkswagen-Skandals. Das Unternehme­n wird in den USA schwer belastet.

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