Mittelschwaebische Nachrichten
Die etwas anderen Spiele
Vergangene Nacht haben in Rio de Janeiro die Paralympics begonnen. Olympia Teil 2 oder die anderen Spiele? Beides – im Guten wie im Schlechten. Das Schlechte zuerst: Mehr noch als die Olympischen Spiele stand die Austragung der Paralympics vor dem Scheitern. Dass Brasilien in einer Wirtschaftskrise steckt, hat auch die Spiele der Behinderten getroffen. Nur über Notverordnung wurde das 70 Millionen-Euro-Loch im Budget geschlossen. Wo das Geld jetzt fehlt – lieber nicht fragen. Gleichzeitig ließ ein Sparprogramm die Paralympics schrumpfen, was Monumentalismus-Kritiker freilich begrüßen.
Ähnlich wie bei den Spielen der Nichtbehinderten – ein sprachliches Ungetüm, das auf seine Art verdeutlicht, wie schwierig es mitunter noch immer fällt, das eine elegant neben das andere zu stellen – werden auch bei den Paralympics viele Plätze in den Stadien leer bleiben. Von den 2,5 Millionen Tickets wurden bislang 1,5 Millionen verkauft, zuletzt zu Schleuderpreisen. In ihrer Annäherung an das große Olympia infizieren sich die Paralympics immer stärker mit dessen Problemen. Doping ist vor Rio endgültig im paralympischen Sport angekommen. Die banale Erkenntnis: Behinderte manipulieren genauso wie Nicht-Behinderte. Manchmal, wenn es um technische Hilfen oder die Zugehörigkeit zu Behindertenklassen geht, ein wenig anders. Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) aber versteht hier keinen Spaß. Während Bach & Co. Russlands Staatsdopern Schlupflöcher gelassen haben, hat das IPC den russischen Behinderten-Sportverband komplett von den Spielen in Rio ausgeschlossen.
Bei allem Schlechten aber ist es gut, dass es die Paralympics gibt. Gut, weil der Behindertensport in seiner Leistungs- und Wettkampfform einer großen Bühne bedarf. Gut, weil der Sport für Behinderte eine viel größere Bedeutung für die Lebensbewältigung besitzt, als für unversehrte Athleten. Gut, weil der Sport die gesellschaftliche Akzeptanz der Behinderten fördert. Gut, nicht zuletzt, weil in Rio wieder Großartiges zu bestaunen sein wird. Für Platz 1 gibt es Gold mit 28 eingearbeiteten Kügelchen, die auch blinde Athleten vom Klang der Silber(20 Kügelchen) und der Bronzemedaille (16) unterscheiden können. Der Charme der Paralympics liegt in den kleinen Unterschieden zu Olympia. Mögen sie bleiben.