Mittelschwaebische Nachrichten
Weniger Flüchtlinge, aber neue Herausforderungen
In den schwäbischen Landkreisen hat sich die Lage entspannt. Doch gelöst sind die Probleme damit noch nicht
Augsburg Bezirksregierungen und Landkreise standen vor enormen Herausforderungen, als der Flüchtlingsstrom im vergangenen Jahr seinen Höhepunkt erreichte. Zwar kommen nach wie vor Woche für Woche Asylbewerber nach Bayern, doch die Situation hat sich nach Schließung der Balkanroute deutlich entspannt. So jedenfalls lautet das Fazit von schwäbischen Landräten und Oberbürgermeistern nach einem Treffen in Bad Wörishofen.
Hans-Joachim Weirather (Freie Wähler), Landrat im Unterallgäu, äußerte sich optimistisch. „Vor allem was die Unterbringung der Flüchtlinge betrifft, hat sich die Lage entschärft. Wir sind gut vorbereitet und haben sogar einen Puffer, falls die Zahl der Asylsuchenden wieder steigen sollte.“Der Günzburger Landrat Hubert Hafner (CSU) rechnet vor: „Kamen zu Hochzeiten 60 Flüchtlinge pro Woche in den Landkreis, sind es heute maximal zehn.“
Allerdings hätten sich mittlerweile die Aufgabenschwerpunkte völlig verändert. Ging es anfangs vor allem um die Bereitstellung geeigneter Unterkünfte, stünden heute die sprachliche, schulische und berufliche Integration im Vordergrund. „Wir werden noch lange gefordert sein“, sagt Neu-Ulms Landrat Thorsten Freudenberger (CSU). Dazu sei ein „hohes Maß an Flexibilität“nötig. Sein Unterallgäuer Kollege Weirather ergänzt: „Die Menschen, die da sind, brauchen auch eine intensive Betreuung.“
Augsburgs Landrat Martin Sailer (CSU) sieht gerade bei der beruflichen Integration der Flüchtlinge Probleme. „Sie klappt in den wenigsten Fällen.“Schwabens Handwerks-Präsident Hans-Peter Rauch betonte, viele Betriebe seien bereit, einen Beitrag zu leisten. Hierbei stehe vor allem die Ausbildung junger Menschen im Mittelpunkt. „Dem stehen jedoch oftmals bürokratische Hürden entgegen.“
Eine weitere Herausforderung sehen die Landräte bei der Wohnungssuche anerkannter Asylbewerber. Seit 1. September kann ihnen die Regierung von Schwaben für die Dauer von drei Jahren Wohnsitze zuweisen, wie Präsident Karl Michael Scheufele betont. Dabei könne auch auf bestehende Gemeinschaftsunterkünfte oder dezentrale Einrichtungen zurückgegriffen werden. Ähnliche Lösungen kann sich Günzburgs Landrat Hafner für eine Übergangszeit auch beim Familiennachzug vorstellen.
Mit einem Appell wenden sich die schwäbischen Landräte und Oberbürgermeister an die bayerische Staatsregierung, was die Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betrifft. Bis zum 18. Lebensjahr übernimmt das Land die Finanzierung, danach muss der Bezirk dafür aufkommen. In Schwaben sind dies derzeit immerhin 25 Millionen, in Oberbayern sogar 70 Millionen Euro. Hafner: „Diese Kosten dürfen letztlich nicht bei den Landkreisen hängen bleiben.“»Kommentar