Mittelschwaebische Nachrichten
Ein leuchtendes Beispiel?
Die Berliner Rechnung könnte auch im Bund aufgehen
Berlin Michael Müller bleibt an der Macht. Doch das Regieren mit Linken und Grünen könnte deutlich komplizierter werden als die letzten Jahre mit der CDU. Denn nun muss Müller, dessen SPD so schwach abschnitt wie noch kein Wahlsieger in der Nachkriegsgeschichte, Verantwortung und Macht abgeben. Die „Juniorpartner“in einer rot-rotgrünen Koalition wären gar nicht so „junior“.
Vor allem die Linken werden sich nicht noch einmal so unterordnen und abspeisen lassen wie in den zehn Jahren der rot-roten Koalition in den Nuller-Jahren. Die Linkspartei ist ein Gewinner der Abgeordnetenhaus-Wahl, konnte als einzige im Bundestag vertretene Kraft zulegen. In Thüringen hat sie mit Ministerpräsident Bodo Ramelow vorgemacht, dass man ein rot-rot-grünes Bündnis auf Augenhöhe führen kann. Den Anspruch formulieren die Berliner Linken jetzt an Müller.
Die Grünen hingegen werden wohl weniger querschießen. Sie sind ehrgeizig und wollen unbedingt regieren. Doch bei der Wahl lief’s nicht wie erhofft: Die in den Umfragen zuvor starke Ökopartei landete hinter den Linken. Das dürfte am Ego kratzen. In der SPD geht die Sorge um, die beiden kleineren Partner könnten sich gegen sie verbünden.
Die Mehrheit der Berliner wünscht sich Umfragen zufolge eine rot-rot-grüne Regierung. Angst davor müsse man jedenfalls nicht haben, beruhigt Parteienforscher Gero Neugebauer in der Berliner Zeitung.
Und schon mehren sich Stimmen, die ein solches linkes Bündnis auch nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr favorisieren. „Wir müssen 2017 einem Angstwahlkampf einen Hoffnungswahlkampf entgegensetzen. Das geht aus Sicht der SPD nur mit einem offensiven Werben für die rot-rot-grüne Option“, sagte Frank Schwabe. Er ist Sprecher der „Denkfabrik“, eines Zirkels junger, linker Sozialdemokraten. Und Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen, fordert: „2017 braucht es den Politikwechsel auch im Bund.“(dpa, AZ)