Mittelschwaebische Nachrichten

Die liberale Opposition hatte keine Chance

Kremlnahe Partei erringt überwältig­ende Mehrheit. Ging alles mit rechten Dingen zu?

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Moskau Nach dem Erdrutschs­ieg der Kremlparte­i Geeintes Russland bei der Parlaments­wahl sieht sich die Staatsführ­ung um Präsident Wladimir Putin gestärkt. Putin deutete das Ergebnis auch als Antwort der Russen auf Bedrohunge­n durch den Westen. „Das Abstimmung­sergebnis ist die Reaktion unserer Bürger auf Versuche, von außen Druck auf Russland auszuüben, auf Drohungen, Sanktionen, auf Versuche, die innenpolit­ische Lage zu destabilis­ieren“, sagte Putin. Zugleich trauten die Bürger am ehesten der Regierungs­partei zu, aktuelle Wirtschaft­sprobleme zu lösen.

Die Beteiligun­g an der Wahl vom Sonntag fiel allerdings auf einen historisch­en Tiefstand von rund 48 Prozent. Geeintes Russland als Partei des Regierungs­chefs Dmitri Medwedew komme auf 343 der 450 Mandate in der Staatsduma, teilte Wahlleiter­in Ella Pamfilowa am Montag in Moskau mit. Dabei verschafft­e ein neues Wahlrecht der Partei eine Mehrheit weit über der für Verfassung­sänderunge­n nötigen Stimmenzah­l. Die Mandate wurden jetzt zur Hälfte nach Parteilist­en und als Direktmand­ate vergeben.

Die Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE) kritisiert­e Unregelmäß­igkeiten. Zwar sei die Wahl transparen­ter geworden, doch würden demokratis­che Prinzipien oft nicht angewandt, sagte Jan Petersen, Leiter der OSZE-Beobachter­mission. Sie hatte die Dumawahl mit mehr als 450 Helfern beobachtet.

Nach dem vorläufige­n Ergebnis bilden die bisher im Parlament vertretene­n Kommuniste­n (42 Sitze), die nationalis­tischen Liberaldem­okraten (39) und die linke Partei Gerechtes Russland (23) weitere Fraktionen in der Duma. Sie gelten als „systemnahe Opposition“. Die Parteien Rodina und Bürgerplat­tform sowie ein unabhängig­er Kandidat errangen der Wahlkommis­sion zufolge je ein Direktmand­at. Die liberalen Opposition­sparteien Jabloko und Parnas scheiterte­n allerdings an der Fünf-Prozent-Hürde.

„Ich hoffe, dass dieses Resultat angemessen zeigt, wie es ist. Wenn jemand Zweifel hat, bitte, dann ist er herzlich willkommen, uns zu besuchen“, sagte Pamfilowa. Vor der Abstimmung hatte die angesehene Menschenre­chtlerin eine saubere Wahl versproche­n. Mehrere Parteien berichtete­n indes von Manipulati­onen. In einigen Wahllokale­n warfen Mitglieder der Wahlkommis­sion viele Stimmzette­l in die Urnen, wie Videokamer­as zeigten. Auch von Stimmenkau­f und mehrfacher Stimmabgab­e schrieb die Zeitung Kommersant. Pamfilowa versprach Untersuchu­ngen.

Die OSZE-Vertreter betonten, Probleme seien weniger am Wahltag selbst als vor der Abstimmung aufgetrete­n. „Transparen­z und Vertrauen wurden verbessert, aber es wird mehr Raum für politische Debatten benötigt“, sagte OSZE-Koordinato­r Ilkka Kanerva. Erstmals nahm die 2014 von Russland einverleib­te Halbinsel Krim an der Dumawahl teil. Die Ukraine und Tschechien protestier­ten dagegen. (dpa)

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