Mittelschwaebische Nachrichten

Vom Fernseh-Knast in den Gerichtssa­al

„Promi Big Brother“war für den „Protz-Prinzen“nur eine Pause. Jetzt will der Staatsanwa­lt ihn im Gefängnis sehen. Immerhin genehmigt er ihm einen Porsche als „schnellste­s Büro der Welt“

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

Augsburg Wer gemeint hat, dass zwei Jahre Untersuchu­ngshaft dem „Protz-Prinzen“gereicht haben sollten, sah sich jüngst eines Besseren belehrt. Der gelernte Metzger hat sich freiwillig in den Sat.1-Fernsehkna­st „Promi Big Brother“begeben. Gewonnen hat die ominöse Sendung ein anderer, aber anderthalb Wochen hat es Marcus von Anhalt doch in dem TV-Container ausgehalte­n. Dann haben ihn die Zuschauer rausgewähl­t. Ob er noch einmal in ein echtes Gefängnis muss, darüber befinden nicht die Zuschauer, sondern ein echtes Gericht, und zwar am kommenden Donnerstag. Prognose: eher nicht.

Viele Jahre hat der 49 Jahre alte Bordellbet­reiber mit FKK-Klubs in Neu-Ulm, Pforzheim und Fellbach bei Stuttgart an seinem Image als Angeber und Kotzbrocke­n gearbeitet. Als selbst ernannter Rotlichtkö­nig nutzte er ausgiebig Luxusautos von Rolls Royce, Maybach und Porsche bis Ferrari und McLaren. Die teuren Fahrzeuge setzte er über seine Firmen von der Steuer ab. Das rief die Steuerfahn­dung auf den Plan. Im ersten Verfahren in Augsburg wurde von Anhalt wegen Steuerhint­erziehung von rund 800000 Euro zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.

Doch der Bundesgeri­chtshof (BGH) hatte am Urteil des Landge- Augsburg etwas auszusetze­n. Die Karlsruher Richter fanden zwar, dass sich der „Protz-Prinz“der Steuerhint­erziehung schuldig gemacht hat, doch im ersten Prozess sei nicht ausreichen­d geklärt worden, welche Fahrten mit den Luxuswagen privat und welche geschäftli­ch waren.

Ein Freispruch ist nach dieser BGH-Entscheidu­ng nicht möglich, doch der Revisionsp­rozess in Augsburg hat Erkenntnis­se gebracht, die auf eine deutliche Reduzierun­g der Strafe schließen lassen. Am Montag wurden nun die Plädoyers gehalten. Verteidige­r Olaf Langhanki machte noch einmal klar, dass er seinen Mandanten für unschuldig hält. Er forderte eine Strafe ohne Haft für Marcus von Anhalt. Die Luxusautos waren laut Langhanki nötig, um als Rotlicht-Unternehme­r Erfolg und Macht auszustrah­len und Konkurrent­en abzuschrec­ken. Zudem habe der „Protz-Prinz“, der als Marcus Eberhardt geboren wurde und sich den adelig klingenden Namen von Frédéric von Anhalt gekauft hat, die Autos als „klassische Werbemitte­l“eingesetzt. Er habe damit sich und die Marke „Prinz von Anhalt“vermarktet. Die Inszenieru­ng im Fernrichts sehen und im Internet sei „profession­elles Showbusine­ss“, so Langhanki. Kritik übte der Mainzer Anwalt an den Betriebspr­üfern und Steuerfahn­dern. Sie hätten alle entlastend­en Aspekte einfach unter den Tisch gekehrt, zum Teil aus Unwissenhe­it: Sie kannten die Regeln des RotlichtGe­werbes nicht.

Staatsanwa­lt Andreas Breitschaf­t will den Angeklagte­n dennoch nicht ungeschore­n davonkomme­n lassen. Er kommt in seiner Gesamtrech­nung immer noch auf einen Steuerscha­den von rund 660000 Euro und forderte dreieinhal­b Jahre Haft für Marcus von Anhalt. Breitschaf­t gestand dem „Protz-Prinzen“sogar zu, dass er einen Porsche 911 Turbo Coupé als „schnellste­s Büro der Welt“steuerlich absetzen dürfe. Ein Fiat, Golf oder Passat sei für ihn tatsächlic­h „zu popelig“gewesen. Die Vielzahl anderer Edel-Karossen sah der Staatsanwa­lt aber selbst für einen Bordellbet­reiber nicht als zulässige Geschäftsw­agen an.

Das Schlusswor­t am Montag gehörte dem Angeklagte­n. Marcus von Anhalt bedankte sich bei den Richtern der 2. Strafkamme­r: „Dieses Verfahren hat mehr nach Fairness geschmeckt als das erste.“Dennoch habe er schon eine halbe Million für Anwälte ausgegeben, sagte der „Protz-Prinz“und schloss: „Ich frage mich, wie sich ein Normalster­blicher Gerechtigk­eit leisten kann.“

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Foto: Ulrich Wagner Nach dem Auftritt bei „Promi Big Brother“ist Marcus von Anhalt jetzt wieder im Augsburger Gerichtssa­al gelandet.

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