Mittelschwaebische Nachrichten
Wie Stammzellen die Krebsforschung voranbringen
Wissenschaftler stoßen auf ganz neue Ansätze zur Therapie von Patienten
Heidelberg Die Stammzellforschung boomt – auch in der Krebsforschung. Aus ihr erhoffen sich Mediziner neue Erkenntnisse, wie Tumoren entstehen und geheilt werden können. „Wir verwenden die Stammzellen, um mehr über den Tumor und seine Metastasen herauszufinden und neue Therapien zu entwickeln, die ihn gezielt vernichten“, sagt Andreas Trumpp vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Dort findet derzeit ein Symposium zum Thema „Stammzellen und Krebs“statt.
Dank der Forschung können Wissenschaftler immer mehr über Aufbau von Tumoren sagen. „Sie sind hierarchisch organisiert“, erläutert Trumpp. „Ganz oben sitzt die Krebsstammzelle, die viele nachfolgende, weniger aggressive Krebszellen produziert.“Das Tückische sei, dass diese Stammzellen viel resistenter gegen Behandlungen seien. Nach einer Therapie könnten sie wieder neue Tumoren bilden, sagt er. „Deshalb ist es so wichtig, diese Krebsstammzellen aktiv zu bekämpfen, um die Wiederkehr des Tumors oder auch die Bildung von Metastasen zu verhindern.“
Sogenannte Organoide sollen dabei helfen. Das sind aus Stammzellen gezüchtete, kleine Gewebe- stückchen, die aus verschiedenen Zelltypen bestehen. „Das funktioniert, indem man Stammzellen aus Gewebe isoliert und sie unter bestimmten Bedingungen zum Beispiel zu Mini-Därmen oder MiniGehirnen auswachsen lässt“, erläutert Trumpp.
Diese Organoide spielten in der Krebsforschung eine immer wichtigere Rolle, so Trumpp. An ihnen könnten etwa Chemotherapien vorgetestet werden, ob Patienten sie auch vertragen. Denn dem Molekularbiologen Jürgen Knoblich zufolge lassen sich viele Erkenntnisse aus Tierversuchen nicht einfach auf den Menschen übertragen. An Organoiden den könnten Forscher Medikamente testen und Krankheitsmechanismen erkennen. „Das Ganze ist besonders wichtig für das menschliche Gehirn als das Organ, das uns am meisten von Tieren unterscheidet.“Knoblich züchtet aus menschlichen Hirnstammzellen sogenannte Hirn-Organoide – Gewebestrukturen, die in vielen Aspekten einem Gehirn ähneln. „Unsere Hoffnung ist, dass es uns gelingen wird, Tumoren in diesen Organoiden nachzubauen. Wenn wir das schaffen würden, dann hätten wir auch die Möglichkeit, hier direkt Medikamente zu testen – das wäre ein großer Durchbruch.“(dpa)