Mittelschwaebische Nachrichten
Was von den Paralympics bleibt
Am Ende bleiben zwei Dinge zu tun: Bilanz ziehen, Prognose wagen. Was also bleibt von den Paralympics in Rio? Es bleibt die Erinnerung an ein fröhliches Sportfest, mit tollen Athleten, vielen Zuschauern und wenigen Pannen. Das ist bemerkenswert, denn bis kurz vor Beginn war noch nicht einmal die Finanzierung gesichert. Inmitten einer Finanz- und Politikkrise verspürten die Brasilianer wenig Lust, nach dem Milliarden-Spektakel Olympia auch noch die Paralympics zu bezahlen. Irgendwie haben sie es aber trotzdem hinbekommen. Brasilianische Lebensfreude und vor allem Improvisationskunst haben gewonnen.
Das lässt sich auch an den Zuschauerzahlen ablesen. 2,1 Millionen Zuschauer kamen zu den Wettbewerben der Sportler mit Behinderung. 2,3 Millionen waren zuvor bei den Olympischen Spielen gezählt worden. Zieht man die knapp 500000 Olympia-Touristen aus der ganzen Welt ab, lagen die Paralympics in der Gunst der Gastgeber sogar vorne. Das hat natürlich mit den dramatisch günstigeren Tickets zu tun, kann dennoch als Indiz für die hohe Akzeptanz der Paralympics gewertet werden.
Es bleibt aber auch die Erinnerung an den IOC-Präsidenten Thomas Bach, der es nicht für nötig befand, dem wichtigsten Weltereignis des Behindertensports einen Besuch abzustatten. Das gab es noch nie. Der oberste Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees hatte Wichtigeres zu tun. Böse Zungen behaupten, das habe mit den Russen zu tun. Denn die hatten Bach & Co. zu den Olympischen Spielen eingeladen, ungeachtet des russischen Staatsdopings. Die Paralympiker dagegen verweigerten den Russen die Teilnahme, was Bach als Affront verstanden haben dürfte. Zog er deshalb einen Besuch in Kroatien vor, dessen Nationales Olympisches Komitee seinen 25. Geburtstag feierte?
Die Abwesenheit Bachs passt zu der wenig überraschenden Prognose, dass der Behindertensport schnell wieder in seiner Nische verschwinden wird. Ein kleiner Trost mag sein, dass er dieses Schicksal mit vielen (Rand-)Sportarten des olympischen Programms teilt. Im Schatten des Fußballs bietet sich ihnen nur alle vier Jahre eine große Bühne.
Im Verborgenen trainieren all diejenigen, die uns 2020 in Tokio mit ihren Leistungen beeindrucken. Das galt auch vor Rio. Einige der Leistungen waren allerdings derart beeindruckend, dass sie eine weitere Prognose zulassen: Nicht alle Paralympics-Sieger des Jahres 2016 werden ihre Goldmedaillen behalten dürfen, sollten die Dopingproben in ein paar Jahren noch einmal kontrolliert werden.