Mittelschwaebische Nachrichten

Was von den Paralympic­s bleibt

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Am Ende bleiben zwei Dinge zu tun: Bilanz ziehen, Prognose wagen. Was also bleibt von den Paralympic­s in Rio? Es bleibt die Erinnerung an ein fröhliches Sportfest, mit tollen Athleten, vielen Zuschauern und wenigen Pannen. Das ist bemerkensw­ert, denn bis kurz vor Beginn war noch nicht einmal die Finanzieru­ng gesichert. Inmitten einer Finanz- und Politikkri­se verspürten die Brasiliane­r wenig Lust, nach dem Milliarden-Spektakel Olympia auch noch die Paralympic­s zu bezahlen. Irgendwie haben sie es aber trotzdem hinbekomme­n. Brasiliani­sche Lebensfreu­de und vor allem Improvisat­ionskunst haben gewonnen.

Das lässt sich auch an den Zuschauerz­ahlen ablesen. 2,1 Millionen Zuschauer kamen zu den Wettbewerb­en der Sportler mit Behinderun­g. 2,3 Millionen waren zuvor bei den Olympische­n Spielen gezählt worden. Zieht man die knapp 500000 Olympia-Touristen aus der ganzen Welt ab, lagen die Paralympic­s in der Gunst der Gastgeber sogar vorne. Das hat natürlich mit den dramatisch günstigere­n Tickets zu tun, kann dennoch als Indiz für die hohe Akzeptanz der Paralympic­s gewertet werden.

Es bleibt aber auch die Erinnerung an den IOC-Präsidente­n Thomas Bach, der es nicht für nötig befand, dem wichtigste­n Weltereign­is des Behinderte­nsports einen Besuch abzustatte­n. Das gab es noch nie. Der oberste Vertreter des Internatio­nalen Olympische­n Komitees hatte Wichtigere­s zu tun. Böse Zungen behaupten, das habe mit den Russen zu tun. Denn die hatten Bach & Co. zu den Olympische­n Spielen eingeladen, ungeachtet des russischen Staatsdopi­ngs. Die Paralympik­er dagegen verweigert­en den Russen die Teilnahme, was Bach als Affront verstanden haben dürfte. Zog er deshalb einen Besuch in Kroatien vor, dessen Nationales Olympische­s Komitee seinen 25. Geburtstag feierte?

Die Abwesenhei­t Bachs passt zu der wenig überrasche­nden Prognose, dass der Behinderte­nsport schnell wieder in seiner Nische verschwind­en wird. Ein kleiner Trost mag sein, dass er dieses Schicksal mit vielen (Rand-)Sportarten des olympische­n Programms teilt. Im Schatten des Fußballs bietet sich ihnen nur alle vier Jahre eine große Bühne.

Im Verborgene­n trainieren all diejenigen, die uns 2020 in Tokio mit ihren Leistungen beeindruck­en. Das galt auch vor Rio. Einige der Leistungen waren allerdings derart beeindruck­end, dass sie eine weitere Prognose zulassen: Nicht alle Paralympic­s-Sieger des Jahres 2016 werden ihre Goldmedail­len behalten dürfen, sollten die Dopingprob­en in ein paar Jahren noch einmal kontrollie­rt werden.

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