Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Spätzünder mit viel Elan
Porträt Wolfgang Buchmiller entdeckte den Reitsport erst mit Mitte 30 für sich. Inzwischen tritt er in der schweren Turnierwertung an – mit seinen eigenen Erwartungen
Günzburg Vor 20 Jahren beschloss der heute 58 Jahre alte Wolfgang Buchmiller, reiten zu lernen. Schon oft war er beim Joggen an der Anlage des Günzburger Reit- und Fahrvereins vorbeigekommen und hatte mit dem Gedanken gespielt. „Für den Pferdesport habe ich mich eigentlich schon immer interessiert, habe viele Turniere im Fernsehen verfolgt“, sagt er. So richtig los ging es für Buchmiller aber erst vor zehn Jahren, als er sich sein eigenes Pferd kaufte. „Eigentlich wollte ich ihn erst nicht, weil er mir zu klein war“, erinnert er sich. Doch dann sei Rosenstolz, so heißt der Württemberger Wallach, innerhalb eines Jahres noch so gewachsen, dass die beiden doch zueinanderfanden.
Heute verbringt Buchmiller jeden Tag etwa drei Stunden im Stall, nach Feierabend fährt der Ingenieur zur Reitanlage. Halbe Sachen sind nichts für den Günzburger. Er trainiert fleißig und seinem Ehrgeiz ist es wohl zu verdanken, dass er trotz seines späten Einstiegs inzwischen in der schweren Dressurklasse S* antritt. Natürlich träumt er davon, irgendwann um gute Platzierungen mitzureiten – doch dafür hat er im Moment noch viel Arbeit vor sich. „In den großen Prüfungen sind wir beide noch nicht so sicher“, sagt er am Rande des Günzburger Herbstturniers, bei dem Buchmiller und seine Mitstreiter dem Dauerregen trotzten. Auch für die Pferde war das eine Herausforderung. Wegen des guten Bodens, des neuen Dressurvierecks, kann dort der Regen gut ablaufen, auf dem Weg von der Halle dorthin bildeten sich aber Pfützen, an denen Rosenstolz nur ungern vorbeigehen wollte.
Mit seinem Ergebnis vom Sonntag ist Buchmiller unter den widrigen Umständen zufrieden – auch wenn es mit den erreichten 60 Prozent nur für den letzten Platz im Prix St. Georges gereicht hat. Siegerin Yvonne Bernhard lag mit ihrem Pferd Don’t stop moving neun Prozent vor ihm. „Jetzt weiß ich, woran wir über den Winter arbeiten müssen.“An Feinheiten und Routine fehlt es noch, sagt er. Daran will er nach einer verdienten Pause feilen.
Unterstützung holt er sich bei seinem Reitlehrer Karl-Heinz Petzke, zu dem er seit sieben Jahren wö- chentlich nach Illertissen fährt. Zurück in Günzburg versucht Buchmiller das Gelernte zu trainieren. Doch das gelingt ihm nicht immer, erzählt er. „Manchmal nehme ich mir vor, eine bestimmte Einheit noch einmal durchzugehen, doch dann bin ich so auf das Tier und das Reiten an sich konzentriert, dass es mir erst im Stall wieder einfällt“, sagt er und lacht.
Eine Schwäche zu beheben, daran arbeiten Pferd und Reiter dafür schon lange: Buchmiller sagt von sich selbst, dass er früher sehr ungeduldig gewesen sei. Das habe sich gebessert, seit er reitet. Etwas nervös sind beide dafür immer noch, wenn es wie diesmal an die großen Turniere geht.
Springprüfungen zu absolvieren hätte sich Buchmiller zu seinen Anfangszeiten auch vorstellen können, sagt er. Doch dafür sei er damals eigentlich schon zu alt gewesen. „Außerdem hat sich das Pferd in die Dressurrichtung entwickelt.“
Bei den Wettbewerben ist Buchmiller meist einer von ganz wenigen Männern, die in der Dressur antreten. „Als ich angefangen habe, gab es in Günzburg noch sieben oder acht, die regelmäßig geritten sind.“Inzwischen seien es weniger geworden, vor allem in der Dressur.
Besonders froh um die vielen Frauen im Stall ist er dann, wenn es darum geht, dass Rosenstolz für die Prüfungen gut aussieht. „Die Mädels helfen mir beim Einflechten, so etwas kann ich nicht“, sagt er lachend. Dafür dürfen sie sein Pferd außerhalb der Turniersaison auch mal reiten.
Buchmiller will sich nicht von den Reitschülern und jenen Vereinsmitgliedern, die nicht auf Turniere gehen, abgrenzen. Den freundschaftlichen Umgang beim RFV Günzburg schätzt er sehr. Deswegen ist es für ihn eine Selbstverständlichkeit, auch während des Herbstturniers mitzuhelfen und Getränke zu verkaufen. „Anders funktioniert so etwas nicht.“Die anderen Günzburger Reiter danken ihm sein Engagement mit Unterstützung – zu seiner Prüfung kamen auch die zum Dressurplatz, die vorher in der Gaststätte im Trockenen saßen.