Mittelschwaebische Nachrichten

Im Festspielh­aus gehen die Lichter aus

Der Insolvenzv­erwalter bittet die Gläubiger um 150 000 Euro. Denn es fehlt das Geld für den Betrieb. Warum ein schneller Verkauf des Gebäudes ein Ausweg sein könnte

- VON ULI HAGEMEIER

Füssen Beim Festspielh­aus in Füssen könnten bald die Lichter für längere Zeit ausgehen – darauf deutet ein Brief des Insolvenzv­erwalters hin, der in dieser Woche an Gläubiger der zahlungsun­fähigen „Musiktheat­er Besitz GmbH“ging. In diesem Schreiben bittet der Münchner Rechtsanwa­lt Marco Liebler die Gläubiger um insgesamt 150 000 Euro. Damit sollen unter anderem die Betriebsko­sten für die nächsten drei Monate bezahlt werden. Bis Freitag sollen alle Gläubiger erklären, ob sie sich beteiligen. Die Anteile wurden aufgrund ihrer offenen Forderunge­n errechnet. Zahlen die Gläubiger nicht, droht dem Haus ab Oktober der Leerstand, die zuletzt 48 Mitarbeite­r (die meisten in Teilzeit) stehen auf der Straße.

Schon im Februar 2015 wurde von Gläubigern eine erste Zwangsvers­teigerung vor dem Amtsgerich­t Kaufbeuren beantragt. Zum Versteiger­ungstermin kam es aber noch weil bisher kein Wertgutach­ten vorliegt. Nach Angaben des Gerichts ist es schwierig, den „dauerhaft erzielbare­n Ertrag“für die Immobilie zu ermitteln – also zu schätzen, was der Betrieb des Musiktheat­ers künftig einbringt.

Im Zuge der Insolvenz könnte es nun zu einem zweiten Zwangsvers­teigerungs­verfahren kommen. Der Insolvenzv­erwalter hatte bei Gericht angezeigt, dass „voraussich­tlich Masseunzul­änglichkei­t“vorliegt. Das könnte heißen, dass nicht genügend Geld für das Insolvenzv­erfahren sowie für Forderunge­n vorhanden ist, die nach Eintritt der Insolvenz entstanden sind, so genannte Masseverbi­ndlichkeit­en. Zumindest deutet der Brief des Insolvenzv­erwalters darauf hin: 85 000 Euro seien für Betriebsko­sten notwendig, der Rest für Massebeitr­ag und Beratung. Wenn das Insolvenzv­erfahren scheitert, weil nicht genug Geld für das Verfahren selbst da ist, kommt die Immobilie in die Zwangsvers­teigerung. Dafür muss aber wieder ein Gutachten über den Wert der Immobilie vorliegen. Weil dessen Erstellung Zeit kostet, könnte das Festspielh­aus bald leer stehen – und wenn der Insolvenzv­erwalter kein Geld auftreibt, auch nicht unterhalte­n werden. Dies dürfte besonders im Winter ein Problem werden. Nach Angaben früherer Kaufintere­ssenten ist das Haus ohnehin renovierun­gsbedürfti­g, da zuletzt offenbar wenig Geld in die Immobilie geflossen sei.

Einen Ausweg aus Leerstand und zweiter Zwangsvers­teigerung gibt es noch: den schnellen Verkauf der Immobilie. Zwei Interessen­ten sind weiter im Spiel: Jan Leuze, Geschäftsf­ührer der „Ludwigs Grundbesit­zgesellsch­aft“in Konstanz, möchte neben dem Festspielh­aus ein Outlet-Center errichten. Landkreis und Stadt als Planungsbe­hörden lehnen diese Pläne zwar ab, Leuze sagte jedoch am Dienstag, er habe weiter Interesse. Der zweite Interessen­t ist ein Geschäftsm­ann, der früher Vorstandsv­orsitzende­r mehnicht, rerer deutscher Unternehme­n war und auf dem Gelände ein Hotel errichten möchte. Ob es weitere Interessen­ten gibt, ist unklar.

Nächste Woche sollen die Angebote im Gläubigera­usschuss vorgestell­t werden. Diesem gehören Vertreter der Mitarbeite­r sowie der Arbeitsage­ntur und Sparkasse Allgäu an. Ob das zweite Zwangsvers­teigerungs­verfahren dort verhindert werden kann, ist nicht klar. Der Insolvenzv­erwalter antwortet nicht auf Fragen unserer Zeitung. Auch Füssens Bürgermeis­ter Paul Iacob ist enttäuscht von dessen Informatio­nsarbeit: Die Stadt ist in ihrem Tourismusg­eschäft von der Pleite des Festspielh­auses betroffen. Iacob erfährt aber nichts zum laufenden Verfahren. Wie viel Geld der Insolvenzv­erwalter von Kaufintere­ssenten verlangt, ist nicht bekannt. Dem Vernehmen nach sollen vor der Insolvenz zwölf bis 15 Millionen Euro gefordert worden sein. Dieser Preis wäre nach Ansicht von Branchenke­nnern viel zu hoch.

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Foto: Ralf Lienert Die Stühle im Füssener Festspielh­aus werden wohl ab dem Winter leer bleiben.

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